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gediehen ist, noch irgendwie darauf ankäme, wer das Tüpfelchen
auf das i zu setzen hat! Die Staatsorgane, welche die Dinge
so weit in Unabhängigkeit von der Volksvertretung bringen
konnten, werden auch ohne und gegen ihr Votum den Krieg
führen und ein widersprechendes Parlament noch nebenbei be-
seitigen können. Das Entscheidende ist also die Stellung der
Staatsorgane zu einander nach der ganzen inneren Organisation
des Staates. Die Garantie ihrer Wirksamkeit finden die organi-
satorischen Rechtsnormen allerdings darin, dass sie den wirklichen
sozialen Machtverhältnissen wenigstens im grossen und ganzen
entsprechen. Aber wir stellen uns ja bei der Kritik von MENGERS
System auf seinen eigenen Standpunkt, dessen Voraussetzung ist,
dass sich die soziale Macht in den Händen der Volksmasse be-
finde, so unklar dieser Begriff auch sein mag, worauf wir noch
zurückkommen. Es fragt sich also, ob MENGER hier richtiges
Recht in dem Sinne bietet, dass die als vorhanden angenommenen
sozialen Machtverhältnisse in der rechtlichen Organisation zu ent-
sprechendem Ausdruck kommen, dass die Rechtsform dem sozialen
Inhalt entspricht.
Im Gegensatz zum absoluten Staate hat der moderne Ver-
fassungs- und Rechtsstaat, wie er sich zuerst in England und
seit der grossen Revolution auch auf dem europäischen Kontinent
entwickelte, die steigende soziale Macht der bürgerlichen Gesell-
schaft durch zwei Gruppen von Fundamentalinstitutionen in der
staatsrechtlichen Organisation zum Ausdruck gebracht. Einmal
durch die Differenzierung der Staatsorgane nach dem Prinzip
der Trias politica.. Auf dieser Grundlage hat die fortschreitende
Verwaltungsgesetzgebung eine immer engere Bindung der Ver-
waltung an Gesetzesnormen und die Tendenz zur Sicherung
dieser Rechtsschranken durch eine von der Verwaltung unab-
hängige Judikatur entwickelt. Und neben diesem verfassungs-
rechtlichen Differenzierungsprozess geht die verwaltungsrechtliche
Differenzierung nach dem Prinzip der Selbstverwaltung her, die