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der neu hinzutretenden wirtschaftlichen Staatsfunktionen bilden
die Kompetenz der Wirtschaftsbehörden. Mit der Einsetzung
der Ordnungsbehörden wird also die im Laufe der letzten Jahr-
hunderte mühselig durchgesetzte Trennung der Justiz von der
Verwaltung rückgängig gemacht; wiederum ein kräftigster Rück-
schritt der staatsrechtlichen Organisation bis in ein recht frühes
Stadium des alten Polizeistaates. Allerdings vermindert sich die
Bedeutung dieses Rückschrittes erheblich dadurch, dass diesen
Ordnungsbehörden wesentlich doch nur richterliche Funktionen
übrig bleiben, da die in Zukunft wichtigsten Verwaltungs-
geschäfte auf die Wirtschaftsbehörden übergehen. Die Ordnungs-
behörden will MEnGER daher auch nach Art der heutigen Ge-
richte organisieren und mit den heute üblichen Garantien richter-
licher Unabhängigkeit ausstatten, die freilich im Rahmen der
übrigen Organisation des Zukunftsstaates noch erheblich unter
das Niveau ihrer heutigen Wirksamkeit herabsinken würden.
Wenn nun aber MENGER diesen Ordnungsbehörden die Aufgabe
zuschreibt, „die bestehenden Machtverhältnisse und damit die
äussere Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten“, so befindet er
sich in einer unglaublichen Selbsttäuschung über das Machtverhält-
nis zwischen seinen Ordnungs- und Wirtschaftsbehörden.
Letztere nämlich „hätten jedem Einzelnen Umfang und Beschaffenheit der
von ihm zu verrichtenden Arbeit vorzuschreiben und über die Zuweisung
der Sachgüter und Dienstleistungen an jeden Staatsbürger zu entscheiden“;
ihren Anordnungen hat jeder „vorläufig Folge zu leisten, unbeschadet
seines Rechtes, bei den vorgesetzten Wirtschafts- oder bei den Ordnungs-
behörden Beschwerde zu führen“ (S. 242).
Unmittelbar vorher erklärt MENGER, dass unsere Polizei.
die uns zu abhängigen, ewig des Staatsschutzes bedürftigen
Schwächlingen herabgewürdigt habe, im Zukunftsstaat zum grossen
Teil verschwinden könne. Ja freilich; denn die Kompetenz seiner
Wirtschaftsbehörden stellt eine Polizeigewalt dar, wie sie der
fanatischste Verehrer des Polizeistaates kaum in Fieberphantasıen
zu träumen gewagt hätte. Wie armselig erscheinen alle Macht-