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der Wirtschaftsbehörden steht jedem die Beschwerde an die
Ordnungsbehörden zu. Aber wonach sollen diese entscheiden?
MENGER hat ja selbst scharf betont, dass die ungeheure Fülle
der den Wirtschaftsbehörden neu erwachsenden Aufgaben sich
nur nach freiem Ermessen lösen lasse; das freie Ermessen negiert
aber seinem Wesen nach die Möglichkeit der Rechtskontrolle.
Wie können die Ordnungsbehörden nachprüfen, ob die Wirt-
schaftsbehörden mit Recht den A zum Kanalfeger und den B
zum Gelehrten gemacht haben, es nachprüfen in einer Zeit, wo
es sich noch rückgängig machen lässt? Wenn es aber möglich
wäre, dass sich die soziale Auslese, die Leitung der sozialen
Arbeit nicht nach freiem Ermessen, sondern nach festen Rechts-
regeln vollziehen könne, dann hätte uns MENGER vor allen Dingen
diese Rechtsregeln andeuten müssen, die wichtiger wären als sein
ganzes übriges System. Davon erfahren wir aber sehr begreif-
licherweise kein Wort. Mit der Kontrolle durch die Ordnungs-
behörden ist es also nichts.
Aber vielleicht wird die hier fehlende Garantie durch die
Art der Organisation der Wirtschaftsbehörden selbst einiger-
massen ersetzt? Da ist allerdings ein zwei- bis vierstufiger In-
stanzenzug vorgesehen; und zwar sollen die Mitglieder der niederen
Wirtschaftsbehörden durch Wahl, die der höheren Instanzen durch
Ernennung bestellt werden, ohne dass wir hier wie bei der künf-
tigen Ersten Kammer erfahren, von wem die Wahl oder die
Ernennung ausgeht. Jedenfalls wird dadurch das Schwergewicht
der wirtschaftsbehördlichen Allmacht in die Spitzen dieser Amts-
hierarchie verlegt. Nun will aber MENGER nur die obersten Ord-
nungsbehörden einem parlamentarischen Regierungssystem unter-
werfen, während die höchsten Wirtschaftsbehörden „dem parla-
mentarischen Getriebe entzogen werden müssten* (S. 229/30).
Also gerade bei den ihrer Kompetenz nach allmächtigen Be-
hörden soll das Gegengewicht eines Einflusses der Volksvertretung
fortfallen.