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dieser Klassen gedacht werden, so wird ihr Einfluss nicht nur
innerhalb der Gesetzgebung selbst durch die völlig heterogene
Erste Kammer paralysiert, sondern — was wichtiger ist — der
Einfluss der Gesetzgebung auf das Staatsleben überhaupt ver-
schwindet beinahe völlig vor der ungeheuerlichen Ausdehnung der
gesetzesfreien Thätigkeit einer allmächtigen Polizei, die unter der
Firma von Wirtschaftsbehörden alle Existenzfragen der Volks-
gesamtheit wie jedes Einzelnen nach freiem Ermessen entscheidet.
„Die Organe des volkstümlichen Arbeitsstaates“, meint MENGER,
„werden bei der Organisation der wirtschaftlichen Kräfte eine
grosse Selbstbeherrschung bewähren müssen“ (S. 81). Das wäre
allerdings sehr hübsch von ihnen; im übrigen vollendet diese
Hoffnung das Bild eines aufgeklärten Despotismus der Wirt-
schaftsbehörden, wobei, wie stets, der Despotismus die organi-
satorische Rechtsnorm, die Aufklärung und Selbstbeherrschung
ein glücklicher Zufall ist. Jedenfalls ist all dies das diametrale
Gegenteil eines richtigen Rechts in dem Sinne, dass es die voraus-
gesetzte soziale Thatsache einer Herrschaft der Volksmasse zu
rechtlich organisatorischem Ausdruck bringen soll.
Wie steht es nun mit der entsprechenden heutigen Funda-
mentalinstitution im Gebiete des Verwaltungsrechts, der Selbst-
verwaltung, für die Zukunft? Auch MENnGER erkennt es als eine
wichtige Regel an,
„dass die Macht der Centralregierungen durch die Ausdehnung der Staats-
thätigkeit auf die wirtschaftlichen Aufgaben nicht übermässig verstärkt
werden darf* (S. 308).
Dass sein Verfassungsrecht das Gegenteil dieser Regel verwirk-
lichen würde, haben wir eben gesehen. Dagegen scheint die
Selbstverwaltung allerdings eine sehr bedeutsame Rolle in seinem
System spielen zu sollen. Denn als Anfangs- und Ausgangspunkt
des sozialistischen Staates betrachtet MENGER ganz zutrefiender-
weise den Gemeindesozialismus. Die Gemeinde — nicht
zunächst und unmittelbar der Staat — soll Eigentümerin der