Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Machthaber denkt, würden nach wie vor die individuellen Inter- 
essen der Machthaber als Staatszweck proklamiert. Es hiesse 
also einfach: öte-toi que je m’y mette; es wäre ein sozialer Rollen- 
tausch in ähnlicher Art wie RousseAus Theorie auf einen poli- 
tischen Rollentausch zwischen dem absoluten König, dem ein- 
köpfigen Despoten, und dem absoluten Volke, dem vielköpfigen 
Despoten, hinauslief. 
Aber, sagt man wohl, das ist reine Theorie; praktisch wäre 
es doch der gewaltigste Fortschritt, wenn nicht mehr die indi- 
viduellen Interessen einer verschwindenden Minderheit, sondern 
die der erdrückenden Mehrheit entscheidend wären. Ach, in 
Wahrheit würde praktisch nicht einmal jener Rollentausch 
herauskommen, vielmehr vollends alles beim alten bleiben. Was 
sind denn die individuellen Lebenszwecke der breiten Volks- 
massen? MENGER antwortet: die allgemeinsten Zwecke der 
Menschen überhaupt, nämlich persönliche Sicherheit, eine menschen- 
würdige Lebenshaltung und ein geordnetes Familienleben. Indessen 
ist mit diesen allgemeinen Formeln praktisch noch gar nichts ge- 
wonnen; entscheidend sind allein Natur und Art der staatlichen 
Willensakte, durch welche jene theoretischen Ziele erreicht werden 
sollen. MENGER weist ja selbst darauf hin, dass die jakobinische 
Verfassung von 1793, die kommunistischen Verfassungsentwürfe 
BABEUFsS und die heutigen Verfassungsurkunden Nordamerikas, 
der Schweiz und des Deutschen Reichs in vollkommener Ueberein- 
stimmung das Volkswohl als obersten Staatszweck proklamieren. 
Allein entscheidend ist es also, welche Organe die auf Erreichung 
der angeblichen Staatszwecke gerichteten staatlichen Willensakte 
rechtsgültig vornehmen, und wie diese Organe bestellt werden; 
mit anderen Worten die rechtliche Organisation des Staates. 
Nach dem uns bekannten Zukunftsstaatsrecht MENGERs würden 
im wesentlichen die obersten Wirtschaftsbehörden massgeblich 
bestimmen, was für eine menschenwürdige Lebenshaltung und 
ein geordnetes Familienleben der breiten Volksmassen notwendig
	        
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