Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Interessen als Staatszwecke nur deshalb und nur insoweit setzen, 
weil und insoweit sie nach Beschaffenheit der staatlichen Willens- 
organisation ihren Individualwillen rechtsverbindlich als Staats- 
willen äussern können. Aller politische Fortschritt in der Richtung 
einer höheren Geltung der „breiten Volksmasse“ besteht also 
nicht darin, dass ihre individuellen Lebenszwecke als Staats- 
zwecke proklamiert werden — das ist eine praktisch wirkungslose 
Phrase —; vielmehr in einer solchen staatsrechtlichen Organi- 
sation, durch die nach Möglichkeit der Gemeinwille, nicht der 
Individualwille der Staatsorgane, als rechtsverbindlicher Ausdruck 
des Staatswillens in die Erscheinung tritt. Die juristisch be- 
griffliche Grundlage dafür ist aber recht eigentlich die An- 
schauung, die MENGER mit solchem Nachdruck verwirft, die 
juristische Konstruktion des Staates wie aller politischen Gemein- 
wesen als selbständiger Persönlichkeiten über ihren Organen, 
und zwar als Gesamtpersonen, welche die organische Einheit in 
der Vielheit ihrer Gliedpersonen sind. Das ist das Wesen der 
organischen Staatstheorie. 
Konsequent in seiner Inkonsequenz zeigt sich MENGER, in- 
dem er noch entschiedener als die Theorie von der Staats- 
persönlichkeit überhaupt deren entwickeltste Form, eben die 
organische Theorie, verwirft (S. 39 f.). Soweit diese Verwerfung 
sich auf das alte und scheinbar ebenso unausrottbare wie grobe 
Missverständnis gründet, dass diese Theorie die sozialen mit den 
physischen Organismen „vergleiche“, mag ich das oft Gesagte 
nicht immer und immer wiederholen. MENGER hält es für einen 
logischen Fehler der organischen Theorie, „dass sie das Unbe- 
kannte oder richtiger das Verwickelte durch das noch Unbekanntere 
zu erläutern versucht“. Ob nun das Wesen der physischen oder 
der sozialen Organismen unbekannter und verwickelter sei, mag 
füglich dahingestellt bleiben und könnte für die Logik der 
Methode doch nur dann in Betracht kommen, wenn sie wirklich 
das eine mit dem anderen vergliche, oder eins durch das andere 
Archiv für öffentliches Recht. XVII. 3. 98
	        
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