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dass die Aufstellung eines Doppeltarifes sich nicht empfehle.
Die Gewährung des notwendigen Zollschutzes sei auch bei dem
bisherigen System des autonomen Tarifs ermöglicht. Eine Aus-
nahme könne nur hinsichtlich der Zollsätze für Getreide gemacht
werden; es sei mit Rücksicht auf die weittragende Bedeutung,
welche der Bemessung dieser Sätze für das Wohl der Landwirt-
schaft und der Gesamtheit innewohne, angezeigt, durch die
Zolltarifgesetzgebung eine Weisung über die bei den Vertrags-
abreden festzulegenden Mindestbeträge zu geben und hierdurch
einerseits dem Wunsche der Landwirtschaft nach einer Sicherung,
soweit als thunlich, zu entsprechen, wie andererseits späterem
Meinungsstreite über das zulässige Ausmass der vertragsmässigen
Zollherabsetzung möglichst vorzubeugen. Durch die Vornahme
einer solchen besonderen Regelung der Zollsätze für vier Ge-
treidearten nehme der Zolltarif keineswegs den Charakter eines
Doppeltarifs an. Der $ 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfes enthalte
eine feierliche Erklärung der verbündeten Regierungen darüber,
was sie beim Abschluss von Handelsverträgen zu vertreten be-
absichtigen und durchzusetzen hoffen. Was die gewählten Sätze
des Entwurfs bei der Aufstellung von Mindestzöllen betrifft, so
ging der Entwurf von der Annahme aus, dass sich die Roggen-
preise im Vergleiche zu der Zeit, in der die Einführung des
5 M.-Satzes sich als notwendig erwies, nicht wesentlich verändert
habe; die Festsetzung dieses Satzes stützt sich daher auf die
gemachten praktischen Erfahrungen. Den Weizenzollsatz hat der
Entwurf des Gesetzes gegen die Jahre 1887—1891 um 50 Pf.
für 1 dz erhöht. Weizen ist nicht in demselben Masse wie
Roggen ein Konsumartikel des Volkes; der Weltmarktpreis des
Weizens hat sich gegen die Periode vor 1887 gesenkt, so dass
ein Ausgleich geschaffen werden musste. Bei Weizen und bei
Roggen ist der Zoll dazu bestimmt und hat nach der Annahme
der Regierungsvorlage auch die Wirkung gehabt, dem Preisfall
vorzubeugen, der sonst beim starken Sinken der Getreidefrachten
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