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Anträge gelangten an die Bundesregierungen; wiederholte Er-
örterungen der Angelegenheit fanden im Reichstage statt. Von
dem oben erwähnten Grundsatze des deutschen Zollrechts, dass
bei der Wiederausfuhr der zur Veredelung oder zur Durchfuhr
eingeführten Waren ein Zollerlass nur dann gewährt wird, wenn
der Identitätsnachweis erbracht ist, war für das Mühlengewerbe
durch das später von uns zu besprechende Gesetz vom 23. Juni
1882 bereits eine Ausnahme gemacht worden. Der Zulassung
einer gleichen Ausnahme für den Getreideverkehr widersetzte
man sich lange, da mit dieser Zulassung eine zu starke Be-
einträchtigung der fiskalischen Interessen befürchtet werden musste.
Der fiskalische Gesichtspunkt war nicht mehr so ausschlaggebend,
nachdem die Ausfuhr von Getreide bedeutend zurückgegangen
war. Es brach sich daher später die Anschauung Bahn, dass
dem Getreideverkehr neben der Zulassung von Transitlagern eine
weitere Zollbegünstigung durch die Aufhebung des Identitäts-
nachweises zuzugestehen sei. Eine Verteuerung des inländischen
Konsums wurde für ausgeschlossen gehalten, da die gedachte
Massregel nur eine seiner Qualität entsprechend bessere Ver-
wertung des inländischen Getreides auf dem Weltmarkte, dem
es ohne Zollbelastung zugeht, ermöglicht, während gleichzeitig
dem Inlande durch zollfreie Einlassung einer entsprechenden
Menge ausländischen Getreides Ersatz geboten werden sollte.
Der Zweck der Aufhebung des Identitätsnachweises für den
Getreideverkehr ging also dahin, diesem Verkehrszweige eine
grössere Bewegungsfreiheit zu verleihen; dieser Zweck konnte
auf mehrfachem Wege erreicht werden. Es war die Möglichkeit
gegeben, bei der Einfuhr von Getreide nach dem deutschen
Zollgebiet Zollquittungen zu erteilen, auf Grund deren bei der
Ausfuhr einer entsprechenden Menge gleichartigen Getreides der
entrichtete Zollbetrag zurückzuzahlen war, oder bei der Ausfuhr
Berechtigungsscheine auszustellen, auf Grund deren eine ent-
sprechende Menge zollfrei eingeführt werden konnte. Der Umstand,