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BUCHENBERGER, Die Grundzüge der Agrarpolitik (Berlin 1899)
S. 236 und v. STENGELS Wörterbuch etc. 8. 319 des III. Er-
gänzungsbandes.
Auch in dem Gesetze von 1894 ist die Errichtung von ge-
mischten Getreidetransitlagern nur fakultativ zugelassen. Von
diesem Rechte hat der Bundesrat wiederholt Gebrauch gemacht.
Ursprünglich wurden gemischte Getreidetransitlager nur an solchen
Orten bewilligt, an welchen schon früher ein Getreidetransit-
handel bestanden hatte. Seit 1891, aus Anlass der damaligen
Missernte, wurde die Bewilligung mehrfach auch auf Orte aus-
gedehnt, wo ein Durchfuhrhandel sich erst später entwickelt hatte
oder doch die Entwicklung eines solchen Handels zu erwarten
war. Ueber die Zulassung von Gretreidetransitlagern sind im
Laufe der Jahre mehrfache Meinungsverschiedenheiten aufgetreten.
Das Bedürfnis solcher Lager wurde überhaupt angezweifelt, und
vorgebracht, dass die mit dieser Zollmassregel ermöglichte zoll-
freie Lagerung von ausländischem Getreide, das für den Inlands-
verbrauch bestimmt sei und in jedem Augenblick in den freien
Verkehr gebracht werden könne, auf den Preis des inländischen
Getreides nachteilig einwirke oder doch in diesem Sinne speku-
lativ ausgenützt werden könne. Es wurde behauptet, dass die
zugelassenen Lager vielfach von vornherein nur für den inlän-
dischen Marktverkehr bestimmt gewesen seien und dadurch die
Voraussetzung dieser Lager, dem Transitverkehr zu dienen, über-
haupt nicht erfüllt hätten. Die Behauptungen, welche im Reichs-
tag und in Eingaben an die Bundesregierungen vorgebracht
wurden, erwiesen sich bei der Untersuchung der Angelegenheit
teilweise als richtig. Es wurde daher vom Bundesrat in der
Sitzung vom 4. Juli 1895 beschlossen, dass gemischte Privat-
transitlager ohne amtlichen Mitverschluss für die in No. 9 des
Zolltarifs aufgeführten Waren (Getreide u. s.w.) künftig nur an
Orten zuzulassen seien, an welchen entweder ein erheblicher
Transithandel mit ausländischem Getreide schon besteht oder vor-