419
wiederholt erhoben und mit dem Vorbringen motiviert wurde,
dass die Getreidetransitlagerung in der jetzt zugelassenen Weise
eine Begünstigung der Getreidespekulation in sich schliesse;
vgl. z. B. die Erörterung in der Reichstagsverhandlung vom
10. März 1897. Mit der Aufnahme der bezeichneten Vorschrift
in das Zolltarifgesetz ist die angestrebte Einengung der Zoll-
kreditierung im engeren Sinne zur zollrechtlichen Gültigkeit er-
hoben worden. In das Zolltarifgesetz von 1902 ist ferner auch
eine Anordnung über die Zollstundung im weiteren Sinne ein-
gestellt worden.
Im Falle der Aufnahme der obengenannten Waren (Ge-
treide u. s. w.), welche von der Zollstundung ausgeschlossen
wurden, in ein Zolllager (öffentliche Niederlage oder Privatlager
mit oder ohne amtlichen Mitverschluss) sollen nach dem Zolltarif-
gesetze von 1902 bei der Ueberführung der Waren in den freien
Verkehr die zu entrichtenden Zollgefälle für die Dauer der Lagerung
mit vier vom Hundert nach den vom Bundesrate zu erlassenden
Vorschriften verzinst werden; $ 12 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes von
1902. Die Verzinsung der Zölle für Getreide und für die übrigen
von der Zollstundung ausgenommenen Waren tritt hiernach mit
dem Zeitpunkte der Verbringung der Waren in ein Zolllager
ein und endigt mit dem Momente der Entnahme derselben aus
den bezeichneten Lagerräumen. Diese Massregel bildet ein not-
wendiges Korrelat des Fortbestandes der gemischten Getreide-
transitlager. Es ist anzunehmen, dass der Getreidehandel für
den Entgang der Vorteile, welche ihm aus einer Hinausschiebung
des Zahlungstermines für die eingeführten Mengen durch Nieder-
legung derselben in zollamtliche Räume erwachsen, einen Ersatz
in der Ausdehnung der Vorschriften über die Erteilung von Ein-
fuhrscheinen und der hiermit verbundenen erweiterten Verwend-
barkeit dieser Scheine findet. Der Zweck, die Zollstundung bei
der unmittelbaren Einfuhr von Getreide auszuschliessen, wäre
übrigens nicht vollständig erreicht worden, wenn eine zinsfreie