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Jahresabschlüsse erfolgen; 8 8 des Gesetzes von 1879. In den
Zeiten des Zollvereins wurden die Zolleinnahmen unter die
Vereinsstaaten nach der Kopfzahl verteilt. Seit 1871 fliesst der
Ertrag der Zölle und der reichsgesetzlich geregelten Verbrauchs-
abgaben in die Reichskasse, d. h. die Zölle nebst den diesen
gleichgestellten Verbrauchssteuern, deren Erhebung und Verwal-
tung jedem Bundesstaate innerhalb seines Gebiets überlassen ist,
werden dem Reiche von den Einzelstaaten abgeliefert. Dieser
Grundsatz, welcher auch in anderen wichtigeren modernen
Bundesstaaten, wie in der Schweiz und den Vereinigten Staaten
von Amerika, bei der Regelung der finanziellen Beziehungen
zwischen dem Bundesstaate und seinen Gliedern angewendet
wird, ist für das Deutsche Reich in Art. 38 R.-V. ausgesprochen.
Die aus den Zöllen und den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern
fliessenden gemeinschaftlichen Einnahmen des Reiches dienen
nach Art. 70 dieser Verfassung zur Bestreitung der gemeinschaft-
lichen Ausgaben. Im Jahre 1879 war bei der Aenderung der
Zioolltarifgesetzgebung gleichzeitig mit der Berücksichtigung der
volkswirtschaftlichen Interessen, welche eine Verstärkung des
Zollschutzes als geboten erscheinen liessen, die Erreichung finanz-
politischer Ziele ins Auge gefasst worden. An die Stelle des
alten Zollvereins, welcher, wie bemerkt, die Revenuen den ein-
zelnen Vereinsmitgliedern überliess, war das Deutsche Reich mit
ansehnlichem eigenen Finanzbedürfnis getreten. Konnten früher
an die Mitglieder der Zollgemeinschaft Hinauszahlungen statt-
finden, so mussten später an das Reich Beiträge geleistet werden.
Die Bundesstaaten waren zwar infolge der Uebernahme bedeuten-
der ehedem partikularer Ausgaben auf Reichsmittel teilweise ent-
lastet worden; die Entlastung war jedoch nicht so gross, dass
nicht die Finanzen der Einzelstaaten durch die Leistung der
Beiträge an das Reich in ganz erheblichem Masse beeinflusst
wurden. Die Finanzverhältnisse der einzelnen Staaten im Zu-
sammenhalte mit den eigenen Bedürfnissen des Reiches drängten
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