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aufsichtigung; denn wie die Erfahrungen, welche in der Schweiz
auf dem Boden ähnlicher Verhältnisse wie der deutschen gemacht
wurden, durchaus bestätigen, sind die Erfolge der öffentlichen
Aufsichtsführung des privaten Versicherungswesens in erster
Linie durch die richtige Gestaltung und durch die Tüchtigkeit
der Aufsichtsbehörde bedingt. Wenn die Aufsicht nicht nur
dem Schein nach eine solche sein, sondern vielmehr eine that-
kräftige und schützende Wirksamkeit entfalten soll, so muss,
wie die Motive ausführen, die Aufsichtsbehörde mit grossen
Machtbefugnissen ausgestattet sein und in deren Anwendung im
weitesten Umfange freien Spielraum und freies Ermessen haben.
Unter dem Einfluss dieses Gedankengangs hat die Gesetzgebung
bei der Errichtung des Aufsichtsamts eine Behörde zu schaffen
sich bemüht, welche in erster Linie Verwaltungsbehörde und nur
innerhalb engster Grenzen Verwaltungsgericht ist. Der Charakter
des Amtes ist im Laufe der Beratung des Gesetzes vom 12. Mai
1901 nicht geändert worden und dieserhalb können auch die sehr
ausgiebigen Erörterungen, welche die Motive hierüber enthalten,
bei der Betrachtung des Amtes unter dem Gesichtspunkt des
Staats- und Verwaltungsrechts in weitgehendstem Masse ver-
wertet werden.
Das Aufsichtsamt für Privatversicherung hat ebensowenig wie
das Reichsversicherungsamt den Charakter und die Stellung einer
obersten Reichsbehörde, vielmehr bildet es gleich diesem eine
dem Reichsamt des Innern untergeordnete und daher auch von
demselben dienstaufsichtlich abhängige Behörde; daraus ergiebt
sich, dass das Reichsamt des Innern befugt ist, dem Aufsichts-
amt auch allgemeine dienstliche Anweisungen zu erteilen, welche
von demselben zu befolgen sind, allerdings nur insoweit, als nicht
das Amt im Einzelfalle eine Sachentscheidung zu treffen hat oder
eine verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit besitzt; dies ist aber
der Fall in Ansehung der nach 88 74 und 76 des Gesetzes zu
erlassenden Entscheidungen; hierbei ist das Amt vollständig un-