Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

- 487 —- 
ausgehen, dass sich aus den künftigen Zöllen Mehreinnahmen 
gegenüber den Zollerträgen der Vorjahre ergeben werden. Die 
erwarteten Mehreinnahmen ihrer naturgemässen Verwendung gleich 
den übrigen Zolleinkünften zuzuführen, wurde nicht für opportun 
erachtet. Am 12. Aug. 1902 wurde vielmehr in der Zolltarif- 
kommission der Antrag gestellt, über die zu erwartenden Mehr- 
einnahmen aus gewissen Zöllen durch ein besonderes, spätestens 
am 1. Jan. 1910 zu verabschiedendes Gesetz Verfügung dahin 
zu treffen, dass diese Mehrerträge zur Erleichterung der Durch- 
führung der Witwen- und Weaisenversicherung verwendet werden 
sollen; mit dieser Anordnung könnte, so bemerkte der Antrag- 
steller, „ein alter Wunsch des Volkes und aller Sozialreformer 
erfüllt werden“. Schon bei der Bearbeitung des Invalidenver- 
sicherungsgesetzes war auf die Notwendigkeit der Errichtung 
einer Witwen- und Waisenversorgung hingewiesen worden, und 
im Jahre 1900 hat der Reichstag eine Resolution angenommen, 
in welcher die Vorlage eines Gesetzes über eine solche Ver- 
sorgungsanstalt als wünschenswert bezeichnet war. Die Bundes- 
regierungen haben sich diesem Projekt gegenüber keineswegs 
ungünstig ausgesprochen gehabt; sie wollten aber eine Verquickung 
dieser Materie mit der Zolltarifgesetzgebung vermieden wissen. 
Zu Gunsten des Antrages sprach auch nicht der Umstand, dass 
nach den Kommissionsbeschlüssen die Erzielung von Mehrein- 
nahmen an Zöllen erwartet werden konnte; es kam in Betracht, 
dass insbesondere mit Rücksicht auf die gegenwärtige Lage die 
Durchführung einer planmässigen Schuldentilgung im Reiche nicht 
länger wird hinausgeschoben werden können und dass im Zu- 
sammenhang damit an eine Sanierung des Reichsinvalidenfonds 
heranzutreten ist. Trotz dieser dem Antrage gegenüber er- 
hobenen Bedenken wurde der Antrag angenommen und auch 
das Plenum des Reichstages bestand auf entsprechender Ab- 
änderung des Zolltarifgesetzes. Ein Grund für die Regelung der 
Angelegenheit in der bezeichneten Weise ist ohne Zweifel darin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.