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Zur Annahme Öffentlichen Rechtes im
Bürgerlichen Gesetzbuch.
Von
Beigeordneter Dr. GLässına in Darmstadt.
Aus theoretischen Gründen und praktischen Erwägungen
wurde in diesem Archiv 1901 8. 161, 425 ff. auf die öffentlich-
rechtliche Natur des neuen Vormundschaftsrechtes hingewiesen.
Sowohl an praktischer Tragweite wie in positivrechtlicher Bedeu-
tung bietet eine Erörterung der Frage des Zusammentreffens
privater Rechtsakte mit der Vormundschaft des Bürger-
lichen Gesetzbuches und der Grenze zwischen Reichs-
und Landesrecht im Gebiete der Vormundschaft einen
weiteren Beitrag für die öffentlichrechtliche Bedeutung des Bürger-
lichen Gesetzbuches.
I.
Schon vor dem 1. Jan. 1900 war die Zulässigkeit von Privat-
dispositionen, welche unter Berufung auf eigene Anordnungen ein
obervormundschaftliches Einschreiten untersagten, in den grössten
deutschen Rechtsgebieten bestritten. Auch im neuen Rechte
mussten diese Fragen eine besondere Bedeutung gewinnen. Hat
doch der Spott und Hohn, den GIERKE einst über den Gedanken
der Motive ausschüttete, die elterliche Gewalt als Vormundschaft
zu ordnen, in weiten Kreisen Zustimmung gefunden, hat ferner
die nunmehr gestattete weitgehende Publizität der Gerichtsakten,