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völkerrechtlicher Vertrag über Auslieferung von Schiffsdeserteuren,
wie der zwischen den Vereinigten Staaten und Russland, auch
dann Anwendung findet, wenn Seeleute der Kriegsmarine eines
fremden Staates, die von der Regierung desselben zur künftigen
Bemannung eines in den Vereinigten Staaten für den fremden
Staat im Bau begriffenen Kriegsschiffes nach Nordamerika ge-
sandt sind, dort vor Vollendung des Baues dersertieren, ist also
in dem obigen Urteile auch für künftige Fälle definitiv entschieden.
Sie ist bejaht, falls das Kriegsschiff vom Stapel gelassen und das
Eigentum an demselben der fremden Regierung, für welche es
erbaut wird, übertragen worden ist, mag das Schiff auch noch
so weit von der Vollendung entfernt und von der fremden Re-
gierung noch nicht abgenommen sein. Die Entscheidung scheint
mir nicht richtig zu sein. Staatsverträge über Auslieferung von
Schiffsdeserteuren sind, wie in dem Urteil ausgeführt, seit langer
Zeit unter den schiffahrttreibenden Staaten allgemein üblich. Auch
Staaten, die, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika, sich
im allgemeinen gegen die Auslieferung von Deserteuren ablehnend
verhalten, haben sich zu derartigen Verträgen verstanden. Der
Grund hiervon liegt in dem Umstande, dass die grossen Inter-
essen, die bei der Schiffahrt auf dem Spiele stehen, eine Ver-
zögerung der Abfahrt oder Weiterfahrt eines segelfertigen Schiffes
durchaus nicht vertragen, und dass es daher ein allgemeines Be-
dürfnis ist, Desertionen von Schiffsleuten, die eine solche Ver-
zögerung zur Folge haben, entgegenzutreten. Dieser Grund
trifft aber nur zu, wenn das Schiff sich in segelfertigen: Zustande
befindet oder in kurzer Zeit in diesen Zustand versetzt werden
wird. Solches ist bei einem im Bau begriffenen Schiffe nicht der
Fall. Voraussetzung eines Auslieferungsantrags ist auch, dass
die Zugehörigkeit des desertierten Schiffsmanns zu dem Schiffe
durch die Musterrolle oder das Register über die Schifismannschaft
nachgewiesen wird. Auch dieses setzt voraus, dass das Schiff in
einem Zustande vorhanden ist, in welchem es in See gehen kann.