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verbindlich sein konnten, im Falle einer Kollision mit organi-
satorischen Bestimmungen der Vormundschaft für die Behörde
nicht wirksam sind, wie ferner solche Rechtsakte auch nach-
träglich noch ausser Kraft gesetzt werden können, auch wenn
ihre Gültigkeit zunächst noch nicht in Zweifel gezogen war. Die Er-
klärung, dass hier lediglich Privatinteressen in zwingender Rechts-
form vorlägen, kann ohne Frage nicht ausreichen für diese
ausserordentlichen behördlichen Machtbefugnisse. Es sind staats-
hoheitliche Handlungen, Folgen der Bethätigung des neuen
staatlichen Rechtsschutzes, welche im Kollisionsfalle die Nichtig-
keit privatrechtlicher Akte zur Geltung bringen. Letztere müssen
zurücktreten bei den nunmehr gefestigten Schutzansprüchen des
Mündels, der in der Totalität seiner Beziehungen dem Vormund
und Obervormund unterstellt ist. Die hieraus erwachsenden öffent-
lichrechtlichen Forderungen auf amtliche Bethätigungsformen
staatlicher Organe sind in diesem Sinne gerichtet nicht auf den
Abschluss und die Genehmigung von Rechtsgeschäften, sondern
auf angemessene Thätigkeit, Prüfung und Entscheidung, sie sind
die Folgen eines Rechtes, welches als ausschliessliche Schutz-
ordnung von staatlichem Charakter selbst in seinen Verfahrens-
vorschriften Rechte des Mündels auf öffentlichrechtlichem Gebiete
bezweckt. So hat das 88 1826, 1827 B. G.-B. entsprechende
Recht des Mündels auf Gehör keinen reglementären Charakter,
seine Verletzung begründet im Gegensatze zur Civilprozessordnung
die Revisionsbeschwerde.
11.
Noch höhere Bedeutung gewinnt die Annahme öffentlichen
Rechtes bei der Frage der Grenze zwischen Reichs- und Landes-
recht im Gebiete der Vormundschaft. Wir gelangen damit zu
der ausschliesslich positivrechtlichen Prüfung des im Archiv 1901
S. 189 aufgestellten Satzes, nach welchem das Bürgerliche Gesetz-
buch bewusst Bestandteile enthält, die dem öffentlichrechtlichen
Gebiete angehören. Es bedarf keiner Ausführung, dass die neue