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aufgenommene Recht ein besonderes Kodifikationsprinzip
gleichfalls anerkannt. Hier gilt nicht der (frundsatz der Ge-
samtkodifikation, es verlieren die für diesen fremden Rechts-
zweig geltenden Normen ihre Geltung nur insoweit, als sie
von den übergreifenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz-
buches verdrängt sind. Erwägt man, wie die Vormundschaft
infolge ihrer neuen, einen ausschliesslich öffentlichrechtlichen
Charakter bedingenden Organisation nach wissenschaftlichen
Merkmalen nur dem öffentlichen Rechte zugeteilt werden kann,
wie die Motive diesen Standpunkt wiederholt und folgerichtig
betonen und nie verlassen, so kann nur das öffentlichrechtliche
Kodifikationsprinzip für die neue Vormundschaft gelten. Hiernach
muss sich die Zulässigkeit der weiteren Existenz älteren Landes-
rechtes und seiner partikularen Fortbildung als Ergänzung und
Ausführung des Reichsrechtes des Bürgerlichen Gesetzbuches
um so mehr ergeben, als die bedeutungsvollen, auch materiell-
rechtlichen Vorschriften der Vormundschaft, welche in dem
Gesetz über die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit
vom 17. Mai 1898 Aufnahme gefunden, nach $ 200 kraft reichs-
rechtlicher Ermächtigung allgemein durch Landesrecht ergänzt
werden können. Es hat also angesichts des ausgesprochen rechts-
polizeilichen Charakters der neuen Vormundschaft ihre Aufnahme
in das Bürgerliche Gesetzbuch das Landesrecht nur insoweit
verdrängt, als das Reichsrecht übergreift. Rechtlich ist die Zu-
lässigkeit der Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuches bei der
Vormundschaft nicht ausgeschlossen, im Bedürfnisfalle hängt sie
lediglich von der Vorfrage ab, ob die Regelung des Bürgerlichen
Gesetzbuches eine vollständige ist oder nicht.
Ist hiernach mangels einer positiven Grenze die Entscheidung
des einzelnen Falles massgebend für die Zulässigkeit der Ergänzung
des Bürgerlichen Gesetzbuches, so ist ohne weiteres ersichtlich,
dass der Umfang des Bedürfnisses landesrechtlicher Regelung
verschieden aufgefasst und hierdurch nach aussen leider der