Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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städtischen Amtsrechts beleuchtet und aufklärt; die historische Entwicklung 
der Rechtsbildung seit der Stemschen Städteordnung wird überall dargelegt 
und das positive Recht wird von dem vom Verf. eingenommenen Standpunkt aus 
einer scharfsinnigen, konsequenten und sehr freimütigen Kritik unterzogen. 
Allerdings hat diese Kritik, was die Form anlangt, sehr häufig einen höhnischen 
und witzelnden Ton, der nicht angenehm berührt, und sachlich ist sie tendenziös 
und beruht auf einer grossen Abneigung gegen die preussische Bureaukratie 
und auf einer ebenso grossen Vorliebe für die kommunale Selbstverwaltung. 
Da ohne Zweifel nicht alle Leser diese Werturteile des Verf. billigen und 
keineswegs in der unbeschränkten Durchführung der Selbstverwaltung in 
dem vom Verf. entwickelten Sinne eine unbedingt heilsame und empfehlens- 
werte Einrichtung erblicken, so schwächt der Verf. den Eindruck einer rein 
objektiven Darstellung ab und reizt zum Widerspruch. Ueber die Licht- 
und Schattenseiten der Selbstverwaltung soll in dieser Anzeige nicht ge- 
handelt und mit dem Verf. nicht gestritten, sondern nur hervorgehoben 
werden, dass er auf einem stark prononziertem Parteistandpunkt steht und 
dass seine oft sehr siegesgewisse Polemik doch nur für denjenigen über- 
zeugend wirkt, welcher denselben Parteistandpunkt wie er einnimmt. Ich 
beschränke mich hier auf die juristischen Konstruktionen des Verf. 
Es ist allen Kennern der deutschen staatsrechtlichen Litteratur bekannt, 
dass der Verf. ein eifriger, ja man kann sagen, begeisterter Anhänger der 
sogenannten organischen Staatslehre und neben GIERKE ihr bedeutendster 
Verfechter ist, und da die Zahl der Anhänger dieser Theorie in der Litte- 
ratur keine grosse ist, so ist um so grösser die Energie, mit welcher sie 
diese Auffassung zu verteidigen und zur Geltung zu bringen suchen. Der 
Verf. hat in einer Anzahl von Abhandlungen neuerdings wieder die theo- 
retischen Grundlagen dieser Lehre entwickelt und sie gegen die dagegen 
erhobenen Angriffe zu verteidigen gesucht, und auch die vorliegende Mono- 
graphie soll den Beweis führen, dass eine logisch einheitliche und wider- 
spruchslose Darstellung des Gemeinderechts und insbesondere des Kommunal- 
beamtenrechts vom Standpunkt der organischen Theorie aus nicht nur 
möglich, sondern allein möglich ist. Unter diesem Gesichtswinkel wird 
alles betrachtet, dargestellt, kritisch beurteilt. Was sich mit dieser Auf- 
fassung vereinigt, wird als gesetzgeberische, richterliche, wissenschaftliche 
Weisheit gerühmt; was entgegensteht, ist Verirrung, Rückfall in überwun- 
dene Rechtszustände und Auffassungen, Wahnvorstellung, „Dienstvertragsfieber“. 
Es würde den Umfang einer Anzeige weit überschreiten, die organische 
Staats- und Gemeindelehre in ihren theoretischen Grundlagen hier aus- 
einander zu legen und kritisch zu erörtern; das würde selbst eine Mono- 
graphie erfordern und kann umso eher unterbleiben, als dies bereits schon 
oft und gründlich geschehen ist und auch die neueren Veröffentlichungen 
von PREUSS wesentlich neue Stützpunkte für diese Theorie nicht beigebracht, 
sondern nur die alten in besonders eindringlicher und beredter Weise wieder-
	        
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