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verhältnis. „Der Herr und der Diener“, das ist in der That die treffende
Bezeichnung für das rechtliche und thatsächliche Verhältnis zwischen dem
Fürsten und dem fürstlichen Beamtentum nicht nur nach seiner Entstehung,
sondern auch nach seinem Bestande während der Aera des absoluten
Staates — sagt er mit Recht 8. 18. Im modernen Staat dagegen sei das
entscheidende Merkmal die Organstellung, die Organfunktion innerhalb der
Kompetenzsphäre des Gemeinwesens (S. 71, 8337 ff). Dem absoluten
Staate entspreche daher die Begründung des Beamtenverhältnisses durch den
(zweiseitigen) Dienstvertrag, dem modernen Staate dagegen die (einseitige)
Erhehung der Gliedperson zur Örganperson des Gemeinwesens, wodurch
ihr die Wahrnehmung der zu ihrem Kompetenzkreise gehörenden ÖOrgan-
funktionen von selbst zufalle.e Gegen die Auffassung der Amtsführung als
Dienstleistung, der Beamtenpflicht als Dienstpflicht, der Begründung der
letzteren durch Dienstvertrag und gegen die Unterscheidung der aus dem
Dienstverhältnis hervorgehenden Verpflichtung zur Amtsführung und der aus der
Amtsführung selbst hervorgehenden Amtspflichten wendet sich der Verf. in
allen Teilen seiner Schrift mit grosser Schärfe. Um die von ihm bekämpfte
Auffassung zu diskreditieren und den Leser gegen sie einzunehmen, nennt
er sie an unzähligen Stellen die Bediententheorie, spricht von der Auffassung
der Staatsbeamten als landesherrliche oder fürstliche Bediente und erweckt
dadurch den Anschein, als ob der vertragsmässige Eintritt in den Staats-
dienst der Miete eines Bedienten oder Dienstboten gleichgesetzt werde. Der
Umstand, dass das Allgemeine Landrecht noch den Ausdruck Bediente als
gleichbedeutend mit Diener verwendet, kommt ihm hierbei zu statten. Der
Sprachgebrauch hat sich aber geändert; das Wort „Bediente“ bezeichnet
nicht jeden Diener, sondern nur eine bestimmte, untergeordnete Art, und
nicht jeder Dienstvertrag begründet ein Bedientenverhältnis. Die Ausdrücke
„Staatsdienst und Staatsdiener, Kommunaldienst, städtischer Dienst“ haben
keine herabwürdigende und geringschätzige Nebenbedeutung. Auch die
Worte Graf, Vasall, Minister bedeuten Diener und doch bezeichnet man
damit hervorragende ehrenvolle Stellungen. Dem heutigen Sprachgebrauch
entspricht es nicht, anstatt „Staatsdiener“ „staatliche Bediente“ zu sagen,
und dieser von dem Verf. bis zur Abgedroschenheit wiederholte Witz ist
nicht besser, als wenn jemand die Thorheit hätte, die von ihm beliebte Be-
zeichnung Organperson durch Organist zu ersetzen und seine Auffassung als
die Organistentheorie lächerlich machen zu wollen.
Der Verf. bat bei seiner Behandlung des Amtsrechts lediglich die
Gebietskörperschaften (Staat, Kommunalverbände, Gemeinden) im Auge;
er giebt seine Konstruktionen nur mit Rücksicht auf diese und ganz aus-
schliesslich unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Rechts. Nun ist es
aber unbestreitbar, dass der Begriff des Beamten, besonders der weitaus
wichtigsten Art, nämlich des Berufsbeamten, ein darüber weit hinausreichen-
des Anwendungsgebiet hat. In der Hofhaltung der Fürsten und Standesherren,