gewiesen sind. Beide weisen nach dem Vorgang von Zorn die Ansicht
GneEIsTs zurück, dass jedes „Ratskollegium“ seiner Natur nach auf die Er-
teilung von Gutachten beschränkt sein müsse, und beide sind darüber einig,
dass das Staatsministerium keine bureaukratische Verfassung habe und der
Ministerpräsident nicht der Vorgesetzte, sondern nur der Vorsitzende sei.
Trotz dieser weitgehenden Uebereinstimmung kommen beide Verf. hinsicht-
lich der Hauptfrage zu völlig entgegengesetzten Resultaten.
KnIscHEwSsKY verneint, dass das Staatsministerium eine kollegiale Be-
hörde sei; denn nach der Gesetzgebung von 1814 und 1817 sei das Staats-
ministerium nichts anderes als eine lose Versammlung der Ressortchefs, ein
Kollegium, welchem die Beschlussfassung im allgemeinen fehlt. An dieser
wesentlichen Natur hat die spätere Gesetzgebung nichts geändert; die —
übrigens sehr zahlreichen — Vorschriften, welche eine Beschlussfassung des
Staatsministeriums erfordern, treffen nur Einzelfälle. Die Deduktion von
KniscHEwsky entspricht sonach vollkommen der Ansicht Zorns, dass das
Staatsministerium weder eine bureaukratisch organisierte, noch eine kollegiale
Behörde sei.
Krause dagegen geht logisch zu Werke. Er untersucht den Begriff
der „Staatsbehörde“ und stellt fest, dass die für diesen Begriff wesentlichen
Merkmale beim Staatsministerium sämtlich gegeben sind, da ihm ein bestimmt
begrenzter Kreis von Staatsgeschäften dauernden Charakters zugewiesen und
es durch kollegiale Einrichtung befähigt ist, die ihm überwiesenen Staats-
aufgaben zu realisieren. Die kollegiale Verfassung leitet der Verf. aus dem
Allgemeinen Landrecht ab, welches subsidiär zur Anwendung kommen
müsse, da die Gesetze von 1814 und 1817 keine Bestimmungen über die
Organisation des Staatsministeriums enthalten. Nach A. L.-R. II, 10 88 114 ff.
ist für alle Fälle, in welchen mehrere Beamte in ein Kollegium zusammen-
gezogen sind, d. h. thatsächlich zur Erfüllung gewisser Aufgaben vereinigt
sind, Entscheidung durch Stimmenmehrheit und die Anwendung der von
Öffentlichen Gesellschaften und Korporationen geltenden Regeln, also die
Kollegialverfassung vorgeschrieben. Dass das Staatsministerium eine oberste
Staatsbehörde ist, ergiebt sich daraus, dass es dem König unmittelbar unter-
geordnet sei; es ist aber nicht die einzige oberste Staatsbehörde, sondern u. a.
sind auch die Ressortminister oberste Staatsbehörden in allen Angelegen-
heiten, welche nicht zur Zuständigkeit des Gesamtministeriums gehören.
Diese Meinungsverschiedenheit ist nun keineswegs ein blosser Wort-
streit über die Bezeichnung des Gesamtministeriums als Behörde, sondern
es werden aus jeder der beiden Ansichten weitreichende praktische Folgen
gezogen. Nach KxiscHEwsKY ist der Ressortminister — abgesehen von den
einzelnen, durch spezielle Gesetze der Entscheidung des Staatsministeriums
zugewiesenen Sachen — an den Beschluss des Staatsministeriums nicht ge-
bunden; er kann im Widerspruch damit dem Könige Vorschläge machen
und dessen Entscheidung einholen und er ist für einen dem Landtage vor-