Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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auch dafür haltbare Gründe nicht sprächen, in Norddeutschland 
denjenigen, welche aus irgend welchen Gründen der Innung sich 
nicht anschliessen wollen, dies Recht zu versagen. Auch bei 
der zweiten Lesung konnte die Einschränkung nicht durchgebracht 
werden, wurde vielmehr der Art. 8 in der Fassung der Regie- 
rungsvorlage zum (Gesetze erhoben. Gerade aus dieser Ent- 
stehungsgeschichte muss aber in logischer Gedankenfolge der 
Schluss gezogen werden, dass dem Gesetzgeber die Absicht ge- 
fehlt habe, einen Unterschied zwischen besser oder minder be- 
fähigten Bauhandwerkern hinsichtlich ihrer Befugnis zur Fort- 
führung des Meistertitels gelten lassen zu wollen. Muss solches 
aber anerkannt werden, dann wird die Berechtigung der seitens 
des zweiten ostdeutschen Handwerkskammertages gewünschten, 
auch von einzelnen höheren Verwaltungsstellen gebilligten Unter- 
scheidung als gesetzwidrig festgestellt. 
Die Entscheidung darüber, ob jemand befugt sei, Lehrlinge 
zu halten, steht zwar in erster Linie der Aufsichtsbehörde und der 
Handwerkskammer zu; allein deren Entscheidungen unterliegen 
doch auf Grund $ 132 mit $ 128 LVG vom 30. Juli 1883 im 
weiteren Rechtsmittelzuge der Prüfung der Verwaltungsgerichte, so 
dass das Oberverwaltungsgericht, aber nicht der Regierungspräsi- 
dent oder der Oberpräsident zuständig ist, endgültig diese Streit- 
frage zu lösen. Ausserdem werden Zuwiderhandlungen hinsicht- 
lich des Lehrlingswesens und der Führung des Meistertitels 
durch $ 148 Ziff. 9a und b bzw. 9c strafbedroht, so dass die 
ordentlichen Gerichte berufen sind, hierüber zu erkennen. Solche 
sind keinesfalls an die Vorentscheidung der Verwaltungsbehörden 
gebunden, wie ein in dem Archive für das Deutsche Reich Bd. 3 
S. 132 abgedrucktes Urteil des Oberlandesgerichts zu Rostock 
bestätigt. Eine widersprechende Rechtsauffassung trübt die 
Rechtssicherheit und kränkt das Rechtsbewusstsein der Betei- 
ligten. Infolgedessen erscheint es geboten, in dieser Streitfrage 
Rechtsklarheit zu schaffen, wozu die Rechtswissenschaft durch 
Austausch der Meinungen das Ihrige beitragen wird, indem 
dadurch Rechtsirrtümer am ehesten sich beseitigen lassen.
	        
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