Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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Konstruktion entspricht der vom Unterzeichneten in dieser Zeitschrift (Bd. XIV 
S. 183) entwickelten Auffassung, von der auch Horrmann (Annalen von 1898 
S. 203) und KUNckEL (in seiner Zeitschrift für Zollwesen und Reichssteuern 
Bd. II S. 36, 38 Noten 15, 24) ausgehen, während LABanp die Verschieden- 
heit der Rechtsform beim Veredelungsverkehr und beim Vergütungssystem 
verkennt (Staatsrecht 4. Aufl. Bd. IV $ 123! Note 3) und O. Mayer (Ver- 
waltungsrecht Bd. I $ 28 Note 21) offenbar irrtümlich beim Veredelungs- 
verkehr aufschiebend bedingte Steuerpflicht annimmt. 
Bei dem einen wie bei dem andern System findet eine Verschiedenheit 
der Zollbehandlung insofern statt, als die Warenidentität entweder fest- 
gehalten — was im deutschen Zollwesen die Regel ist — oder preisgegeben 
wird. Im letzteren Falle ist die Identitätsfreiheit eine beschränkte, wenn 
die Vergütung auf den Zollbetrag beschränkt wird, der für die in dem aus- 
geführten Erzeugnisse wirklich enthaltenen ausländischen Stoffe bei deren 
Einfuhr bezahlt worden ist; sie ist dagegen eine unbeschränkte, wenn die 
Vergütung ohne Einschränkung in Höhe des Betrages gewährt wird, der für 
die verwendeten Stoffe im Falle ihrer Einfuhr als Zoll zu entrichten sein 
würde. Unter diesem Gesichtspunkte erscheint die Vergütung des Zolles auf 
Rohkakao bei der Ausfuhr von kakaohaltigen Erzeugnissen auf Grund des 
Reichsgesetzes vom 22. April 1892 (RGBl. S. 601) und die Gewährung von 
Einfuhrscheinen bei der Ausfuhr von Erzeugnissen der Getreidemüllerei und 
der Mälzerei als Veredelungsverkehr mit unbeschränkter Identitätsfreiheit, 
während der Kontenverkehr der Mühlen und Mälzereien und der Oelmühlen 
einen beschränkten identitätsfreien Veredelungsverkehr darstellt (S. 173, 
178 ff). 
Als „unechten Veredelungsverkehr“ bezeichnet der Verf. die Vergün- 
stigung, nach welcher einem Betriebe — z. B. den Reisschälmühlen, den 
Petroleumraffinerien — in der Regel neben einem eigentlichen Veredelungs- 
verkehr eine Zollermässigung in der Form gewährt wird, dass die Ware, 
entgegen dem allgemeinen Grundsatze des Zollrechts, nicht nach ihrer Ein- 
gangsbeschaffenheit, sondern in dem Zustande, in dem sie aus der Veredelung 
hervorgegangen ist, zur Verzollung gezogen wird. Dem wirtschaftlichen 
Zwecke nach ist diese Vergünstigung auf den Ausgleich des Vorzuges ge- 
richtet, den zufolge der verhältnismässig höheren tarifmässigen Zollbelastung 
der Rohware im Vergleich zur Zollbeschwerung der veredelten Ware die 
konkurrierende ausländische Industrie dadurch geniesst, dass sie in der Lage 
ist, dem deutschen Markte ihre Fabrikate zu niedrigerem Zolle zuzuführen, 
als die heimische Industrie für ihre Rohstoffe zu entrichten hat (S. 6, 73 ff.). 
Die in der Rechtsform des Veredelungsverkehrs hier liegende Fiktion erregt 
nach Ansicht des Verf. staatsrechtliche Bedenken, da die bezweckte Er- 
mässigung der Zollsätze für die unveredelte Ware in der Zuständigkeit des 
Bundesrats an und für sich nicht liegt, sondern einen Akt der Gesetzgebung 
voraussetzt (S. 83 ff.).
	        
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