— 170 —
seine Werke selbst für die Zeit, in welcher die letzten Auflagen
erschienen, ein den wahren Umständen nicht mehr entsprechendes
Bild geben. Die hierdurch entstandene Lücke ist durch REDLICH
in vortrefflicher Art ausgefüllt worden. Man darf aber hierbei
nicht übersehen, dass seine Aufgabe wesentlich leichter war als
die seines Vorgängers, da er nicht nur einer in den Hauptzügen
vollendeten Entwicklung gegenüberstand, sondern auch einer
Umgestaltung der englischen staatsrechtlichen Theorien, durch
welche vieles über Bord geworfen worden war, das zur Zeit, in
welche die Gxneistschen Forschungen fallen, noch als unumstöss-
liches Dogma galt, und es darf hierbei auch nicht vergessen
werden, dass die Literatur, welche diese theoretische Umgestaltung
bewirkt hat, vielfache Anregungen durch die GxeEisTschen
Werke erhalten hat, deren Ansehen in England ebenso hoch
stand wie im Vaterlande des Altmeisters. Sowohl die Tatsachen
wie die wissenschaftlichen Grundlagen waren für REDLICH wesent-
lich günstiger wie für GNEIST, aber es muss anerkannt werden,
dass REDLICH diese Gunst der Umstände in vollstem Masse aus-
genutzt hat. Sein Werk zerfällt in drei Teile, von welchen der erste
die historische Entwicklung in ihrer Gesamtheit schildert, wäh-
rend der zweite den gegenwärtigen Zustand der einzelnen Ein-
richtungen behandelt, allerdings wiederum mit historischen An-
knüpfungen, wie sie bei einer Beschreibung englischer Einrich-
tungen überhaupt unvermeidlich sind. Der dritte Teil enthält
eine theoretische Auseinandersetzung, welche die GxEISTschen
Lehren über die Bedeutung des Selfgovernment bekämpft.
Von hervorragendem Werte ist der historische Teil. Er
greift die leitenden Tendenzen in der Entwicklung des poli-
tischen Systems in einer äusserst klarsehenden Weise heraus,
und die Fülle von Einzelheiten vereinigt sich hierdurch zu einem
in übersichtlicher Plastik hervortretenden Gesamtbilde Mit
Recht sieht REDLICH in der Gesetzgebung Eduards III. „einen,
Kompromiss zwischen den übermässig zentralisierenden DBe-