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wohl nicht anzuerkennen, dass grundsätzlich diese Uebernahme
der an sich der Korporation bzw. ihren Organen obliegenden
Funktionen durch die Aufsichtsbehörde ausserhalb des Rahmens
der Aufsichtsgewalt falle. Gewiss, die Devolution der Be-
fugnisse ist das einschneidendste Mittel zur wirksamen Geltend-
machung der Aufsichtsgewalt, aber es ist immer noch ein
Mittel zur Verwirklichung dieser, und auch der kommunalen
Selbstverwaltung gegenüber hat selbst die liberalste Gesetzgebung
nicht umhin gekonnt, unter den äussersten Umständen sich auch
dieses Mittels zu bedienen, um die Befriedigung unabweislicher
Bedürfnisse des öffentlichen Interesses zu sichern; es kann hier-
für auf die französische Gemeindegesetzgebung verwiesen werden,
welche ungeachtet aller Konzessionen an die von dem Standpunkt
der Selbstverwaltung zu stellenden Forderungen gleichwohl die
Einsetzung einer kommissarischen Verwaltung unter Umständen
vorsieht. Bei der Krankenversicherung erfordert aber das öffent-
liche Interesse, dass die den Versicherten laut Gesetz oder Statut
zukommende Fürsorge unbedingt ihnen auch so zu teil werde,
wie es nach dem Inhalt dieser Rechtsvorschriften geregelt ist,
und dieserhalb hat die Gesetzgebung kein Bedenken getragen
zum Zwecke der Verwirklichung dieser Fürsorge äussersten
Falles auch die Aufsichtsbehörde zu ermächtigen, selbst die
Funktionen der Kassenorgane auszuüben. Es ist durchaus nicht
erforderlich, dass die Nichterfüllung der Obliegenheiten der
Kassenorgane auf einem vermeidbaren Verschulden derselben be-
ruht, um die Aufsichtsbehörde in den Stand zu setzen, von den
devolvierten Befugnissen Gebrauch zu machen, vielmehr ist sie
auch dann hierzu befugt, wenn die Kassenorgane keine Ver-
schuldung trifft; die Heranziehung des Moments der privatrecht-
lichen Verschuldung und die Unterscheidung zwischen vermeid-
barem und nicht vermeidbarem Verschulden hat hier, wo es sich
um die Wahrnehmung öffentlichrechtlicher Zwangsbefugnisse
handelt, keinerlei Berechtigung und ist dem Gesetze jedenfalls
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