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Art. 22. In Ermanglung solcher Anordnung oder falls
der Grossherzog selbst an der Ausübung der Regierung verhindert
sein sollte, gebührt die Regentschaft dem in der Erbfolge zunächst
stehenden volljährigen und regierungsfähigen Prinzen. Fehlt es
an einem solchen, so kommt die Regentschaft der Gemahlin des
Grossherzogs, hiernächst dessen Mutter und endlich der Gross-
mutter von väterlicher Seite desselben zu, falls und solange die
letzteren nicht wieder vermählt sind.“
Das Staatsgrundgesetz spricht nur vom Thronfolgerecht
des Mannesstammes des Herzogs Peter Friedrich Ludwig. Die
andern Agnaten zustehenden Rechte sind durch das Staats-
grundgesetz weder vernichtet noch anerkannt. In dem Publi-
kationsedikte des Staatsgrundgesetzes von 1849 erklärte daher
der Grossherzog, „dass er durch die Vereinbarung des Gesetzes
den etwaigen Rechten des oldenburgischen Fürstenhauses nicht
habe Eintrag tun wollen“. Auch bei der Revision des Staats-
grundgesetzes vertrat die Regierung die Ansicht, dass im Staats-
grundgesetze die Rechte der Agnaten weder anerkannt noch
ausdrücklich vorbehalten zu werden brauchten, dass ihnen aber
nicht vorgegriffen werden dürfe”. So gelangte man zu den
geltenden Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes von 1852.
Zwei Fälle sind hiernach zu unterscheiden. Die Regelung
der Regentschaft kann mit der Wirkung, dass die bloss dis-
positiven Bestimmungen des Art. 22 dadurch ausser Kraft gesetzt
werden, durch Anordnung des Grossherzogs mit Zustimmung des
Landtages, also durch einfaches Gesetz geschehen. Die Regelung
der Thronfolge für den Fall des Aussterbens des grundgesetzlich
allein berufenen Mannesstammes von Herzog Peter Friedrich
Ludwig kann dagegen nur durch grundgesetzliche Bestimmung,
d.h. durch formelles Verfassungsgesetz erfolgen. Dazu ist nach
Art. 212 des Staatsgrundgesetzes erforderlich: 1. ein Beschluss
” Darstellung des Grossherzoglich Oldenburgischen Staatsministeriums
in der Kreuzzeitung No. 147, 2. Beilage, vom 27. März 1904.
Archiv für öffentliches Recht. XIX. 2. 14