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„das öffentliche Recht überhaupt und das besonders in
Deutschland ausgebildete Fürstenrecht ohne Einsicht und Stu-
dium der Genealogie nicht verstanden werden können.“
Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alle Beziehungen der
Genealogie zum Staatsrecht erschöpfend zu betrachten. Es kann
nur auf einige hingewiesen werden.
Da ist denn zunächst schon ohne weiteres einleuchtend, dass,
selbst bei ganz klaren Ebenbürtigkeitsverhältnissen, die an sich
einfache Frage, wer, nach Erstgeburtsrecht und Erbfolge nach
Linien, nach einer bestimmten Person, der nächste Thronfolger
ist, nur beantwortet werden kann, wenn man eine richtige, voll-
ständige und sachgemäss dargestellte Stammtafel vor Augen hat.
Handelt es sich nicht gerade um den Fall, dass der Sohn auf
den Vater, der Bruder auf den Bruder, oder der Neffe auf den
Onkel zu folgen hat, so wird diese Stammtafel sogar auf den
Erwerber der Krone zurückgehen müssen. Gilt vollends weib-
liches Erbfolgerecht, schlechthin oder in Ermanglung männlicher
Thronerben, so ist die Aufstellung von ausführlichen Stammtafeln,
die auch die Nachkommenschaft der Weiberstämme erkennen
lassen, unentbehrlich.
Handelt es sich gar um das viel umstrittene und in Einzel-
fällen stets zu vielem Streit führende Ebenburtsrecht, so wird
die „wissenschaftliche Genealogie“, diesen Begriff im weitesten
Sinne verstanden, für das Staatsrecht geradezu unentbehrlich.
So ist schon für die Beantwortung der allgemeinen Frage
nach dem gemeinen Privatfürstenrecht in Betreff der Ebenbürtig-
keit die Kenntnis aller derjenigen Begriffe, deren sich die Wissen-
schaft der Genealogie zu bedienen pflegt, z. B. Uradel, Brief-
adel, alter Adel, neuer Adel, Ahnenadel, Stiftsadel, hoher Adel,
niederer Adel usw., und der Bedeutung, welche diesen Begriffen
herkömmlich beigelegt wird, unerlässlich. Genau so ist diese
Kenntnis notwendig, wenn es sich um die Auslegung geschriebener
Hausgesetze handelt. Findet sich in einem solchen Hausgesetz