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folge gebe es überall die grossen Stammtafelwerke von CAMILLE
v. BEHR oder VOoIGTEL-COHN, und zu deren Ergänzung bis
auf die (Gegenwart reiche der Gothaische Hofkalender aus.
Adelsgeschichtliche Nachschlagewerke gebe es in Fülle. Die
Begriffe der Genealogie und deren Bedeutung könne man im
Bedarfsfalle nachschlagen. Bei Ebenburtsstreitigkeiten seien doch
Jedesmal Sonderuntersuchungen nötig. Aus allen diesen Gründen
bedürfe der Fachmann für Staatsrecht für gewöhnlich fach-
männischer Kenntnis aus dem Gebiete der Genealogie nicht.
Demgegenüber möchte ich nicht verfehlen, im nachfolgenden
an einigen Beispielen auf wichtige Fehler aus dem Gebiete der
Genealogie, welche von Vertretern der Rechtswissenschaft und
des Staatsrechts, bis in die neueste Zeit hinein, gemacht worden
sind, hinzuweisen.
Ein bestimmter Punkt in dem Streit um die Thronfolge im
Fürstentum Lippe, nämlich in Bezug auf die Abstammung des
Generals Karl Philipp von Unruh, des Vaters der Modeste, der
bekannten Stammmutter der Biesterfelder Linie, ist hier ganz
besonders belehrend. Schon vor dem Schiedsspruch hatte ich in
meiner Schrift: „Untersuchungen zur Lippischen Thronfolgefrage,
Heft 2: Die Ahnen der Modeste von Unruh“, Berlin 1897, S. 31,
die ganz bestimmte Behauptung aufgestellt, Karl Philipp von
Unruh sei am 6. März 1731 — der Ort war damals noch un-
bekannt — geboren. Die Ueberlegung, auf Grund derer ich zu
diesem Schlusse gekommen war, ist folgende: Es gibt einen
Kupferstich, gestochen von LEONHARD HEINRICH HERSELL, das
Bildnis des Generals darstellend, mit der Unterschrift: „Carl
Philipp von Unruh, Königl. Preuss. Generalmajor, Chef eines
Regiments Infanterie, geb. d. 6. Merz 1731“. Ich sprach damals
schon die Ansicht aus, dass dieses Bildnis bei Lebzeiten Karl
Philipps hergestellt sein müsse. Denn Karl Philipp war seit 1803
Generalleutnant und starb am 30. September 1805. Es erschien
mir ausgeschlossen, dass ein Bildnis mit der Unterschrift „General-