Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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gemeineren Bedeutung für die Anwendung und Weiterentwicklung der 
Kapitulationen zu würdigen, hat sich die vorliegende, mit anerkennenswerter 
Genauigkeit und Sachkenntnis verfasste Schrift zur Aufgabe gestellt. Die 
Aufgabe ist eine recht dankbare, da der behandelte Gegenstand vielfaches 
wissenschaftliches Interesse bietet. Verf. geht historisch vor; in einem ersten 
Kapitel wird der Rechtszustand vor dem Kriege, also die Entstehung der 
griechischen Exterritorialität in der Türkei (Londoner Protokolle von 1830, 
Vertrag von Konstantinopel vom Jahre 1832), der griechisch-türkische 
Handels- und Konsularvertrag von Kalindja (1855), die Anwendung der 
Kapitulationen seitens der griechischen Behörden und die dabei gegenüber 
der türkischen Regierung entstandenen Konflikte besprochen. Das Kapitel 
schliesst mit den Verhandlungen und dem Zustandekommen des Präliminar- 
friedens von 1897, in welchem, wie bekannt, entgegen den Prätentionen der 
Türkei, im Prinzip das Weiterbestehen der Kapitulationen Griechenland 
gegenüber stipuliert wurde, dabei aber einiger Spezialpunkte Erwähnung 
geschah, die zu „missbräuchlicher Anwendung“ seitens der griechischen Kon- 
sularbehörden Raum gegeben hatten und die in dem abzuschliessenden Kon- 
sularvertrage einer von den Kapitulationen abweichenden besonderen Regelung 
unterworfen werden sollten. 
Das zweite Kapitel weiht uns ein in die Kommissionsverhandlungen 
zwischen den beiden Parteien und zeigt uns die Resultate der Kommissions- 
arbeiten, die in der Hauptsache eigentlich nur zur Feststellung der Divergenzen 
geführt haben. 
Im dritten Kapitel werden eingehend und systematisch die einzelnen 
Punkte, über die die Vertreter der Grossmächte zu entscheiden hatten, be- 
handelt; und zwar zunächst die zwei allgemeineren Fragen von der Grund- 
lage und der Dauer der Konvention, dann die persönlichen Privilegien der 
Konsuln auf Grund der Exterritorialität und die Steuerbefreiung der Griechen 
in der Türkei, die Zuständigkeit und die Attributionen der Konsulen auf den 
verschiedenen Gebieten, insbesondere ihre aussergerichtlichen und gericht. 
lichen Funktionen in Zivil- und Strafsachen. 
Wie Verf. richtig hervorhebt, ward den Vertretern der Grossmächte 
eher eine legislatorische als eine richterliche Aufgabe anheimgestellt; sie 
entledigten sich derselben mit vielem Takt und in getreuer Ausführung der 
in dem Präliminarfrieden enthaltenen Grundgedanken. Freilich mögen sie 
hie und da über die eine oder andere Spezialfrage hinweggeglitten sein; 
doch darf man nicht vergessen, dass ihre Lage als Schiedsrichter durch den 
Umstand ganz besonders erschwert ward, dass manche der aufgeworfenen 
und von ihnen zu entscheidenden Fragen sich auf Punkte bezogen, die in 
der Interpretation der Kapitulationen zwischen den Grossmächten selbst und 
der türkischen Regierung von jeher strittig gewesen sind. Es kann natür- 
lich in dieser kurzen Anzeige auf die Einzelheiten des Schiedsspruches nicht 
eingegangen werden. Man weiss, wie durch den Schiedsspruch im grossen
	        
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