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sichtigen aber auch das Mass dessen, was ebenso notwendig, wie billig von
dem Gesetze und seiner Durchführung verlangt und erwartet werden kann.
An verschiedenen Beispielen aus der Erfahrung führt er die Notwendigkeit
des Kinderschutzes vor Augen. Mit vollem Herzen kann man Ascaup bei-
stimmen, wenn er sagt, dass, wer für Kinderschutz kämpft, gegen die Zu-
nahme der Vergehen und Verbrechen der Jugendlichen, für die wirtschaftliche
Besserstellung der Erwachsenen, für körperliche und geistige Entwicklung
zukünftiger Geschlechter kämpft. Nicht minder wertvoll sind v. ScHuLz’s
rechtliche Ausführungen zu dem Gesetze selbst, die sowohl in einer sorg-
fältig bearbeiteten Einleitung wie in zahlreichen Anmerkungen zu den Einzel-
bestimmungen des Gesetzes niedergelegt sind. Dass ein genaues Sachregister
sehr zum leichten Gebrauche des empfehlenswerten Buches beiträgt, bedarf
nur der Erwähnung.
Leipzig. Wengler, Öberregierungsrat.
Dr. Heinrich Reicher, Die Fürsorge für die verwahrloste Jugend.
1. Teil. 1. Deutsches Reich. Die Zwangserziehung im Gross-
herzogtum Baden. Wien, Manzsche K. K. Hof-Verlags- und Univer-
sitätsbuchhandlung.
Wir haben es hier mit einer gross angelegten Arbeit zu tun; das Werk
ist auf drei Teile berechnet. Von ihnen wird der erste Gesetze und Ein-
richtungen des Deutschen Reichs, von England, Belgien, Frankreich und der
Schweiz, sowie in einem Anhange auch von Norwegen und New-York, hin-
gegen der zweite Einrichtungen und Gesetze von Oesterreich zum Inhalte
haben, der dritte theoretisch-systematische Teil das Ganze abschliessen. Die
Arbeit ist eine verwaltungsrechtliche Studie des Verf., der sich seit vielen
Jahren in Theorie und Praxis mit dem Gegenstande befasst. Das Thema
der Behandlung betrifft auch eine Art Kinderschutz, wenn schon nicht in
dem technischen Sinne, in welchem wir ihn im Deutschen Reiche als gewerb-
lichen Kinderschutz zu betrachten gewohnt sind. Um in seiner engeren
Heimat, Oesterreich und insbesondere Steiermark, anregend und aufklärend
zu wirken, einer Staatsaufgabe von eminentester Bedeutung zur besseren Ver-
wirklichung zu verhelfen, als es bisher geschehen, unternahm der Verf.
Studienreisen, damit er auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege und des
Armenwesens lerne. Das Ergebnis dieser Studien bringt Dr. ReicHEr als
ein Spiegelbild, welches das in seiner Heimat Fehlende klar erkennen lässt
und zeigt, wie die Fürsorge für die verwahrloste Jugend sich in den einzelnen
Ländern allmählich aus schwachen Anfängen entwickelt, sich in die allgemeine
Landesverwaltung eingelebt hat und wie sie in allen ihren Einzelheiten heute
aussieht. Es muss uns Reichsdeutsche mit Stolz und Freude erfüllen, wenn
der Verf. anerkennt, dass das, was in Oesterreich schüchtern angestrebt wird,