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Dr. phil. et jur. Richard Passow, Das Wesen der Ministerverantwort-
lichkeit in Deutschland. Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung,
1904. 79 S. (M. 1.50.)
Diese kleine Schrift über einen schon so vielfach in ausführlicher Weise
behandelten Gegenstand ist durch die klare und gemeinverständliche Art
der Darstellung ausgezeichnet; sie bietet aber zugleich vollständig und über-
sichtlich das gesetzliche Material, welches in den Verfassungen der deutschen
Staaten enthalten ist. Die Schrift gliedert sich in drei Abschnitte. Der
erste stellt das Wesen der Ministerverantwortlichkeit, den Gegensatz der
strafrechtlichen, staatsrechtlichen und parlamentarischen Verantwortlichkeit
und die zwischen der absoluten, ständischen und konstitutionellen Monarchie
hinsichtlich der Ministerverantwortlichkeit bestehenden Verschiedenheiten
dar. Der zweite Abschnitt behandelt die in den deutschen Einzelstaaten
geltenden Rechtssätze, der dritte die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers.
Dieser letzte Abschnitt beschäftigt sich vorzugsweise mit dem sozial-
demokratischen Antrag auf Erweiterung der Verantwortlichkeit des Reichs-
kanzlers und auf Errichtung eines Staatsgerichtshofes ; eine Erörterung, wie
die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers in den einzelnen Zweigen der
Verwaltung, insbesondere des Militärwesens, Finanzwesens, Bankwesens, der
sog. justifizierenden Kabinetsordres, des Begnadigungsrechts usw. gestaltet
und begrenzt ist, fehlt leider, obgleich erst durch ein Eingehen auf diese,
zum Teil schwierigen Einzelfragen der Umfang der Verantwortlichkeit des
Reichskanzlers und die staatsrechtliche Bedeutung derselben festgestellt und
anschaulich gemacht werden kann. Laband.
E. Descamps, L’Afrique Nouvelle. Essai sur l’Etat civilisateur dans les
pays neufs et sur la fondation, l’organisation et le gouvernement de
l’Etat independant du Congo. Paris Hachette, Bruxelles S. Le-
bögue & Cie., 1903. XVI und 626 S.
Der seltene und für den Zeitgenossen immer seltsame Akt der Staaten-
gründung gehört zu jenen Vorgängen, die vermöge ihrer geschichtlichen und
volkswirtschaftlichen Tragweite der eingehendsten und gewissenhaftesten
Darstellung zugeführt werden müssen. Nicht so bald ist eine Generation in
der theoretisch so ausgezeichneten Lage, die Momentaufnahme eines solchen
weltgeschichtlichen Ereignisses vorzunehmen. Was frühere Geschlechter-
reihen ungenutzt vorüberziehen liessen, entgeht der Wachsamkeit unserer
modernen Facharbeit nicht; sie stellt den reichen wissenschaftlichen Ap-
parat strenger Forschung in den Dienst dieser wichtigen Aufgabe. Doppelt
freudig ist es zu begrüssen, wenn die Wahrnehmung dieser verantwortungs-
vollen Aufgabe in die Hände eines so bewährten und gewissenhaften Forschers
gelegt ist, wie im vorliegenden Falle, da uns ein auf dem Hochniveau staats-