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2. Vielmehr hat der Bundesrat einem Gesetzentwurf zu-
gestimmt, welcher lautete: „Die Legislaturperiode des am
3l. Aug. 1867 gewählten°®® Reichstags wird für die Dauer des
gegenwärtigen Krieges mit Frankreich, jedoch nicht über den
31. Dez. 1870 hinaus verlängert“; diesem vom Reichstag an-
genommenen Gesetzentwurf hat der Bundesrat die Sanktion er-
teilt®”. Hiermit hat der Wahltag als Anfangstag der Legislatur-
periode sogar gesetzliche Anerkennung gefunden. Wenigstens
würden die hervorgehobenen Worte bei anderer Auffassung nicht
nur nichtssagend und überflüssig, sondern geradezu als sinnlos
erscheinen; und eine Unsinnigkeit des Gesetzes darf ohne zwin-
gende Gründe, an welchen es hier fehlt, nicht vermutet werden ®®.
Und wenn der 31. Aug. 1867 als ein rechtlich erheblicher Tag
betrachtet wurde, so kann sich dies nur darauf beziehen, dass
er der Geburtstag des Reichstags war. Hätte das Gesetz den
Tag des Zusammentritts, nicht den der Wahl, als existenzbegrün-
dend angesehen, so hätte es lauten müssen: „Die Legislatur-
periode des auf den 10. Sept. 1867 [erstmalig] zusammenberufenen
[zusammengetretenen] Reichstages wird ... . verlängert.“ Wenn
weder diese Fassung gewählt, noch von einer Datierung des
Eintrittstermins der Existenz des Reichstages abgesehen wurde °P,
kann darüber, dass das Gesetz den Wahltag als den Beginn der
Legislaturperiode betrachtete, kein Zweifel sein *°.
3. Eine Vermutung für die Beibehaltung der vorstehend be-
zeichneten Berechnung der Legislaturperiode des deutschen Reichs-
86 Der Sperrdruck rührt vom Verfasser her.
87 Gesetz, betr. eine zusätzliche Bestimmung zum ersten Satz des Art. 24
der Verfassung des Norddeutschen Bundes, vom 21. Juli 1870 (BGBl. S. 498).
88 Auch hier ist ARNDT, Ueber Anfang, Unterbrechung und Schluss der
Legislaturperioden a. a. O. S. 737 Anm. 1, abweichender Ansicht, wenn er
den Verfasser der Motive des fraglichen Gesetzentwurfs als „Mittelstück von
Bosheit und Dummheit“ bezeichnet.
39 Dies hätte einfach geschehen können, wenn man die Fassung wählte:
„Die Legislaturperiode des gegenwärtigen Reichstags wird ..... verlängert.“
4° LaBann, Deutsche Juristenztg. a. a. O. S. 489 f.