Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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Nachdem nun aber das Standesbewusstsein der Aerzte 
in einzelnen Bundesstaaten, so auch im Königreiche Sachsen, 
durch gesetzliche Massregeln gehoben worden ist und sich die 
Aerzteschaft des Deutschen Reichs jedenfalls in der Mehrzahl 
auch auf wirtschaftlichem Gebiete zu gemeinsamer Vertretung der 
Standesinteressen, insbesondere gegenüber der Macht der grossen 
Ortskrankenkassen vereinigt hat, konnte der Kampf nicht aus- 
bleiben. Er entbrannte u. a. in Mühlhausen, Köln a. Rh. und 
namentlich in Leipzig erneut, wo bereits im Jahre 1901 ein Konflikt 
durch Eingreifen der Regierungsbehörde nur mühsam beigelegt 
werden konnte. Die privaten Abmachungen zwischen Aerzten 
und Krankenkassen wurden gekündigt, die Aerzte gaben ihre 
Tätigkeit für die Kassen auf und stellten die Wiederaufnahme 
der Behandlung von Kassenkranken nur bei Gewährung der sog. 
freien Arztwahl und einer angemesseneren Bezahlung 
ihrer beruflichen Arbeit für die Kassen in Aussicht. In Leipzig 
erfolgte am 31. Dez. 1903 seitens der Aerzte die Kündigung an 
die Ortskrankenkasse für den 31. März 1904, mit welchem Tage 
die Behandlung der Kranken der hiesigen Ortskrankenkasse durch 
die Leipziger Aerzte aufhörte. Die Krankenkassen verweigerten 
dagegen die freie Arztwahl grundsätzlich, weil die Kassen durch 
dieses System pekuniär zu sehr belastet würden. Die Leipziger 
Ortskrankenkasse stand auf demselben Standpunkte, war aber 
bereit, das Pauschale des Arzthonorars um 140000 M. jährlich 
zu erhöhen, was eine Verbesserung des Einheitssatzes pro Kopf 
des Kassenmitglieds um 1 M., von 4,50 M. auf 5,50 M. be- 
deutete. Die Leipziger Aerzte liessen sich darauf jedoch nicht 
ein; es ging die Kasse daher vom 1. April 1904 ab zum sog. 
Distriktsarztsystem über und richtete sog. Beratungs- 
anstalten (Polikliniken) in verschiedenen Gegenden der Stadt 
ein, indem sie von auswärts sich ihr zur Verfügung stellende 
Aerzte gegen einen festen Gehalt von 6000—8000 M. vertrags- 
mässig anstellte, diese Aerzte nach Distrikten auf die Stadt und
	        
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