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mit der Abfassung der neuen Satzungen amtlich betrauten Per-
sonen der weite, die Konsequenzen der Neuordnung erfassende
Blick und die juristische Gestaltungskraft fehlte, — Tatsache ist,
dass von kleineren Gesetzgebungswerken keines eine grössere
Fülle zweifelhafter Rechtssätze enthält, als unsere neue Verkehrs-
ordnung.
Zu den bedenklichsten ihrer Vorschriften gehört der & 37,
welcher die Rechtsstellung der bahnseitig bestellten Gepäckträger
und die Haftung der Eisenbahn für Verschulden dieser Personen
in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen regeln will.
Die frühere Verkehrsordnung von 1892 bestimmte in & 37
Abs. 2, dass die von den Eisenbahndirektionen auf einer Station
zugelassenen Gepäckträger für den von der Eisenbahn nicht
übernommenen Transport des Gepäcks nach und von den Ab-
fertigungsstellen ausschliesslich zu haften hatten. Im bewussten
Gegensatz zu dieser Vorschrift verordnet jetzt $ 37 VO:
„Auf den Stationen sind, soweit ein Bedürfnis besteht,
Gepäckträger zu bestellen, die unter Verantwortlichkeit der
Eisenbahnverwaltung im Sinne von & 34 Abs. 1 und 4 dieser
Ordnung auf Verlangen der Reisenden deren Reise- und Hand-
gepäck im Stationsbereiche nach und von den Wagen, Ab-
fertigungsstellen usw. zu schaffen haben.“
Die Motive begründen diese Regelung folgendermassen?:
„Sind hiernach die Gepäckträger, auch soweit sie einen
zwar von der Eisenbahn nicht übernommenen, aber mit der
Beförderung des Reisegepäcks eng zusammenhängenden Trans-
port besorgen, als Bedienstete der Verwaltung zu betrachten,
so musste es für angemessen erachtet werden, der Eisenbahn
die Haftpflicht für ihr Personal auch in dieser Hinsicht in
gleichem Umfange wie beim Frachtvertrage aufzuerlegen.*
Aus diesen Worten folgt deutlich, dass die Gepäckträger
* (ÜERSTNER, Die neuen Vorschriften in der Eisenbahnverkehrsordnung.
Berlin, Springerscher Verlag 1900, S. 14.
Archiv für öffentliches Recht. XiX. 3, 96