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Zusammenhange stehende Beförderung des Reisegepäcks durch
die Gepäckträger auszudehnen, ist unzulässig. Deshalb kann auch
der $ 9 VO nur insoweit rechtliche Geltung beanspruchen, als
er der Bedeutung des $ 458 HGB entspricht. Auch er kann
die Satzung des & 37 nicht rechtfertigen.
Ebensowenig kann & 465 Abs. 3 HGB die Grundlage für
8 37 VO bilden. Denn wie sich schon aus der Ueberschrift des
siebenten Abschnittes im dritten Buche des Handelsgesetzbuches
in Verbindung mit den beiden vorhergehenden Absätzen des $ 465
ergibt, handelt er von dem zwar nicht zur Aufgabe gelangten,
aber doch durch die Eisenbahn beförderten Gepäck, also von
denjenigen Gegenständen, welche der Reisende im Wagenabteil
mit sich führt. So fasst die Verkehrsordnung selbst die Vor-
schrift des Handelsgesetzbuches in $ 34 No. 6 auf®. — Hieraus
ergibt sich aber ein weiterer Fehler des $ 37 VO. Derselbe will
die Haftung der Eisenbahn für die (repäckträger auf Grund des
$ 34 No. 1 und 4 ebd. beschränken. Diese Vorschriften finden
aber ihre gesetzliche Grundlage eben in S 465 HGB, der — wie
gezeigt — für den $ 37 VO nicht in Betracht kommt.
Bei dieser Sachlage kann es sich nur fragen, ob der Charakter
der Verkehrsordnung als einer Rechtsverordnung die Ermäch-
tigung in sich schliesst, eine Haftung der Eisenbahn festzusetzen,
wie dies durch S 37 geschehen ist. Dies ist aber zu verneinen.
Die Verkehrsordnung hat den Charakter einer mit Gesetzeskraft
ausgestatteten, objektives Recht schaffenden Ausführungsver-
ordnung’. Eine solche darf nur innerhalb der im Gesetze
aufgestelltenRechtsgrundsätze speziellere Bestimmungen treffen*.
Sie ist eine Ergänzung des Gesetzes, die sich innerhalb des von
diesem gezogenen Rahmens halten muss, will sie anders als
„Rechtsvorschrift“ Wirkung haben.
° Vgl. hierzu meinen Aufsatz in dieser Zeitschrift 1902 S. 418.
? GERSTNER, Die neuen Vorschriften in der Eisenbahnverkehrsordnung 8.4.
® LaBanD, Staatsrecht, 3. Aufl., I 565.