413 --
rechtliches Material dar, das freilich ganz einseitig ausgesucht und gruppiert
ist. Eine höchst notwendige Ergänzung und Entgegnung gibt darum BaLLoD
im 2. Bande, der die Hochschutzpolitik der Union von einem andern Stand-
punkte leleuchtet und u. a. darauf hinweist, dass es bislang das Ausland an
Repressalien Amerika gegenüber so gut wie ganz hat fehlen lassen. BALLoD
wirft nach eingehendster Prüfung der industriellen und landwirtschaftlichen
Konkurrenz Amerikas gegenüber Deutschland die Frage auf, ob es zum Zoll-
kriege kommen muss und ob nicht Deutschland alsdann oder von vornherein
Russland gegen Amerika ausspielen sollte. Russland kann nach BaLLops
Ansicht in unsern Handelsbeziehungen Amerika mit Vorteil für uns ersetzen
bei fast allen landwirtschaftlichen Produkten und bei Petroleum, nur bei Kupfer
und Baumwolle wären wir weniger unabhängig von der Union. Zu diesem
Ausspielen gehören nun aber zwei, und Russland sieht bislang nicht so aus,
als wenn es sich von uns ohne erhebliche Zugeständnisse zu irgend etwas
gebrauchen lassen würde. Sicherlich ist eine Auseinandersetzung mit den
Vereinigten Staaten eine unumgängliche und unvermeidliche Zukunftsaufgabe,
aber da wir doch immerhin für eine halbe Milliarde Waren „über den
grossen Teich“ exportieren und Waren im Werte von einer Milliarde von
dort empfangen, so werden wohl die beiderseitigen Staatsmänner genötigt sein,
solange es irgend geht, mehr vermittelnde Wege aufzusuchen, als sie Fısk
und BALLoD angeben.
Ueber die deutsch-russischen Handelsbeziehungen referieren alsdann
Arnpr (3. Bd.) und Barıop (1. Bd.). Es ist verdienstvoll, dass ArnDT die
totale Unsicherheit der russischen Handelsstatistik nachweist; er bestreitet,
meines Erachtens mit Erfolg, die Berechtigung, die russischen Ziffern in dem
Masse, wie es meist geschieht, zur Konstruktion einer ungünstigen Handels-
bilanz für Deutschland heranzuziehen, denn die russische Statistik ist ungenau
und die russischen und deutschen Angaben über die Warenbewegung wider-
sprechen sich in auffallender Weise. Hinsichtlich der Wirkung des deutsch-
russischen Handelsvertrages von 1894 ist ArnDT der Ansicht, dass er dazu
beigetragen habe, die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland
fester und inniger zu gestalten und dass die Möglichkeiten eines umfang-
reicheren und vielseitigen Güteraustausches beständig wachsen. Freilich
müssten Zollerhöhungen für russische Exportartikel vermieden werden. BALLoD
ist auch hier weniger friedlich gesonnen. Er geht von den bestehenden
russischen Zollsätzen aus, welche zum Teil prohibitiv wirken, schildert interessant
das Emporkommen der russischen Industriemagnaten und ihren Einfluss auf die
Handelspolitik und plädiert schliesslich für eine mässige Erhöhung der deut-
schen Getreidezölle, wobei er sich der weiteren sozialpolitischen Verantwortung
mit dem Bemerken entzieht, dass die Untersuchung der Frage, wie weit
eine Erhöhung der Getreidezölle auf das deutsche Wirtschaftsleben einwirken
könnte, nicht mehr seine Aufgabe sei. Also Arnpr wie BAaLLoD entlassen
uns mit manchen Fragezeichen.