Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

--- 420 
Dr. Heinrich Ryffel, Die schweizerischen Landsgemeinden. Zürich, 
Schulthess & Cie., 1904. XIV und 342 S. 
Es ist ein dankbarer Gegenstand, den Verf. sich hier gewählt hat. 
Die Landsgemeinde stellt sicherlich eine höchst merkwürdige Eigentümlich- 
keit des schweizerischen Staatsrechts vor; es war nicht nötig, dies durch 
einen Ausspruch Napoleons zu belegen. Ebenso hat Verf. recht, wenn er 
im Vorwort bemerkt, dass die wissenschaftliche Behandlung dieses Gegen- 
standes noch zu wünschen übrig lässt. Das republikanische Staatsrecht 
findet ja Beachtung genug, mehr als genug, möchte man fast sagen. Aber 
es sind gewisse allgemeine Ideen, wesentlich französischen Gepräges, die 
ihre Rolle spielen. Ehrwürdige Gestaltungen, die ihren Stammbaum zurück- 
führen können bis in die alten Wälder Germaniens — Verf. betont das mit 
Recht —, werden nur sehr nebensächlich beachtet. Hier war also in der 
Tat eine Lücke auszufüllen. Und, mit allem Vorbehalt mancher abweichenden 
Meinung, dürfen wir doch dem Verf. uusern Dank dafür aussprechen, dass 
er sich dieser Aufgabe unterzogen, und dass er sie so gelöst hat, wie er es 
getan: sorgsam, gewissenhaft und mit voller Liebe zur Sache. 
Die grössere Hälfte des Buches bandelt von der Geschichte der Ein- 
richtung (S. 1—198). Sehr viel Stoff ist hier verarbeitet. Es ist gewiss 
verdienstlich, das alles einmal ordentlich zusammengestellt zu haben. Dass 
es nicht gerade sehr anziehend zu lesen ist, liegt nicht am Verf. Wie 
immer wieder dieselben Dinge mit kleinen Abweichungen sich wiederholen, 
bei jedem der kleinen Splitter von Gemeinwesen, die da in Betracht kommen, 
das wirkt auf die Dauer doch recht ermüdend. Einen frischen Zug bringt 
erst wieder die freimütige Kritik der Zustände vor der französischen Re- 
volution S. 141ff. Die hochtrabenden Titulaturen, welche die Lands- 
gemeinden sich geben lassen, und ihre Strenge gegen jeden Versuch, ihre 
Unfehlbarkeit anzuzweifeln — jeder Tadel wird gleich einem crimen laesae 
inajestatis geahndet —, das erinnert ja alles recht lebendig an unsere Sere- 
nissimi und hochmögenden Räte. Nachdem der Sturm vorüber gebraust 
und die französische Oberherrschaft gebrochen worden war, treten die Lands- 
gemeinden überall, wo sie vor der „Helvetique“ bestanden hatten, wieder 
in ihr altes Recht und erklären sich wieder als „den rechtmässigen sou- 
veränen Landesfürsten“ (S. 166). Es waren 1815 acht Kantone, welche 
Jsandsgemeindeverfassung hatten. Im Jahre 1847 schieden Zug und Schwyz 
aus. Verf. schildert sehr stimmungsvoll die vorletzte Schwyzer Lands- 
geıneinde, wo 10000 Mann beschlossen, anı Sonderbund festzuhalten. Bald 
darauf, am 15. Dezember 1847, „versammelte sich das souveräne Volk von 
Schwyz zum letzten Male“. Das Gebiet musste als zu gross angesehen 
werden, um es noch weiter in solcher Weise zu regieren (S. 170). 
Das zweite Buch, „Gegenwart“, beginnt mit der Feststellung, dass zur- 
zeit noch sechs „Landsgemeindekantone“ bestehen: Uri, Unterwalden ob 
und Unterwalden nid dem Wald, Glarus, Appenzell der äusseren und der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.