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Schweizervolkes, handelud in einer Unterabteilung. So wird jene Bezeich-
nung erklärlich. Der ganze Gegensatz zwischen republikanischem und mon-
archischem Bundesstaat, wie ich ilın in Band 18 dieses Archivs zu zeichnen
versucht habe. tritt uns aber hier wieder entgegen. Verf. hat entschieden
mehr Verständnis dafür, als sie sein Landsmann HUBER jüngst in seiner
Antrittsvorlesung bekundete. —
Im einzelnen wäre noch manches zu erwähnen, was mir aufgefallen ist.
So die seltsame Erklärung der Enteignung als eine „Suspension der ver-
fassungsmässigen Eigentumsgarantie* (S. 246) mit der daran geknüpften
Rechtsfrage: „Ob dem Gesetzgeber das Expropriationsrecht durch blosses
Gesetz genomnien werden kann, erscheint übrigens juristisch mindestens
zweifelhaft* (Note 3 das.)! Dann die Eisenbahnkonzession, die Wasser-
rechtskonzession als lex specialis: sie setzt „besondere Rechtssätze“, „ist
allgemein-verbindlich, sie verpflichtet alle Untertanen zur Anerkennung der
subjektiven Rechte, die sie einer Person verleiht“ (S. 247). So allgemein-
verbindlich ist ein Kauf auch! Dazu komnit nach 8. 248 Note 1 die
ganz sonderbare Bemerkung, dass die Konzessionen zur Ausbeutung von
Regalien, also die leges speciales, privatrechtliche Verträge mit dem
Fiskus seien! Ich will auf diese Dinge, welche denı Verf. offenbar etwas
ferner liegen, nicht weiter eingehen. — Zum Schluss, $. 225#., wird unter
der Ueberschrift „Zukunft* eine Reihe von kritischen Bemerkungen, mehr
politischer Art, vorgetragen. Daraus wäre hervorzuheben, dass Verf. sich
eshr entschieden für die öffentliche Abstimmung ausspricht, wie sie auch in
dem „Handmehr“ der Landsgemeinde erscheint. Er meint: „Jedenfalls kann
man billig bezweifeln, ob ein Volk zur Selbstherrschaft geeignet ist das seine
Ueberzeugung nur bei geheimer Abstimmung frei zu äussern wagt“ (S. 334).
Beachtenswert ist aber hier vor allenı der Vergleich zwischen den
beiden Formen der Willenserklärung des Souveräus: T,audsgemeindebeschluss
und Einzelabstinnmung durch Stinimzettel. Der Verf. hat keine Freude an
dem „papierenen“ Volkswillen der modernen Denikratie mit der kahlen
Nüchternheit seiner Forınen. Er hält es mit der „anschaulichen poetischen
Kraft der altbergebrachten Syınbolik, welche die Landsgemeinde und ihre
Rechtshandlungen umgibt“ (S. 331). Hier kommt das „lebendige Gefühl“
zur Geltung, waltet „Sountagsstinnmung“*: Weibel in bunten Röcken, Banner
und Hellebarden, Trommeln und Pfeifen, Volksgesang, das packt den Men-
schen ganz anders.
Wir können den Verf. hier schr wohl verstehen. Er gibt seinen poli-
tischen Neigungen nachher noch einmal kräftigen Ausdruck, indem er zum
Schlusse (S. 342) die demokratische Republik geradezu als den „Staat der
Vernunft und Gerechtigkeit“ ausruft. Damit kommt er allerdings vom Ge-
biete der Wissenschaft auf das der Geschmackssachen. Aber wir möchten
doch auch unserseits zum Lobe der Landsgenieindeverfassung etwas hervor-
heben: sie hat mit ihrer unmittelbaren auf Phantasie und Gemüt wirkenden