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Soferne die Verfolgung einer mit mehr als einjähriger Frei-
heitsstrafe bedrohten Handlung abgelehnt wird, ist die Entschei-
dung samt Gründen unverzüglich dem Gouverneur vorzulegen,
welcher die Verfolgung anordnen kann. Ebenso steht demselben
jederzeit zu, die Einstellung einer bereits aufgenommenen Ver-
folgung anzuordnen.
Dass das Opportunitätsprinzip in den Kolonien das einzig Mögliche
ist, ist wohl einstimmig anerkannt. Abs. 2 geht von dem Gedanken aus,
dass der Gouverneur von allen schwereren Rechtsverletzungen, die in seinem
Schutzgebiete begangen werden, Kenntnis erhält. Er allein kann endgültig
entscheiden, ob die zu Gebote stehenden Machtmittel, besonders Häuptlingen
gegenüber die Strafverfolgung ratsam erscheinen lassen. Der Entwurf des
Kolonialrates deckt sich in seinem Art. 15 im wesentlichen mit der vor-
geschlagenen Fassung. Siehe auch meine allgemeinen Ausführungen 8. 44 f.
1. Abschnitt.
Zuständigkeit und Verfahren.
85.
Die Gerichtsbarkeit über die nach $ 2 dem Geltungsbereiche
dieser Verordnung unterworfenen Personen wird ausgeübt durch
den Gouverneur bezüglich des ganzen Schutzgebietes, durch die Vor-
stände der Bezirksämter und selbständigen Stationen bzw. durch
deren Vertreter bezüglich ihrer Bezirke und durch die Führer von
Expeditionen, soferne diese ausserhalb der Einwirkungssphäre des
an sich zuständigen Bezirksamtes oder Stationsvorstandes sich be-
finden, in Bezug auf Straftaten, welche von Expeditionsmitgliedern
verübt werden oder gegen die Expedition gerichtet sind.
Die Gerichtsbarkeit des Gouverneurs ist eine mit der Gerichts-
barkeit der übrigen Beamten konkurrierende.
Wörtlich einem durchaus sachgemässen Vorschlag des Gouverneurs von
Kamerun entnommen. Ueber die Zuweisung der Gerichtsbarkeit an die
Verwaltungsbehörden vgl. meine allgemeinen Ausführungen auf S. 7Of.
8 6.
Wo eingeborenen Häuptlingen oder aus Eingeborenen ge-
bildeten Gerichten eine Strafgerichtsbarkeit über Angehörige ihres