Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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gewidmet, diesen Besitz zu erwerben und politisch zu konsoli- 
dieren, es ist Zeit geworden, nunmehr nach einem einheitlichen 
Plane auch die friedlichen Aufgaben in Angriff zu nehmen. 
Die erste, notwendigste Grundlage für die gedeihliche Ent- 
wicklung der Kolonie ist aber die Ordnung der Rechtspflege in 
den neu besiedelten Gebieten. Es hat ja allerdings an Ver- 
suchen in dieser Richtung von Anfang an nicht gefehlt — die 
bis jetzt erschienenen sechs Bände der deutschen Kolonialgesetz- 
gebung von RIEBOW-ZIMMERMANN sind ein beredtes Zeugnis 
dessen — aber es sind eben Experimente geblieben, die sowohl 
durch die grosse Zahl als auch die bunte Mannigfaltigkeit der 
darin zum Ausdruck gekommenen Gesichtspunkte keineswegs 
geeignet erscheinen, etwas anderes als die Grundlage, die Vor- 
versuche für die kommende Regelung zu bedeuten. Freilich, in 
vielen und wesentlichen Punkten dürfen wir diese Vorversuche 
noch nicht einmal als abgeschlossen ansehen, immerhin sind zwei 
grosse Rechtsgebiete heute reif für eine umfassende Regelung: 
einmal die gesamten zivil- und strafrechtlichen Verhältnisse der 
Europäer nach der prozessualen sowohl wie nach der materiellen 
Seite, dann aber Strafrecht und Strafprozess im Verfahren gegen 
Eingeborene — die Regelung des Zivilrechtes, soweit Ein- 
geborene in Frage kommen, ist bei der grossen Verschiedenheit 
der beteiligten Rechtsordnungen, bei der zum Teil hochentwickel- 
ten Rechtskultur besonders der muhammedanischen Stämme heute 
noch nicht spruchreif und bedarf zur Vorbereitung noch weit 
mehr als bisher des Eindringens europäischer Rechtsanschauungen 
in alle Schichten der eingeborenen Bevölkerung. 
Die Rechtsverhältnisse der Weissen in unsern Schutzgebie- 
ten sind von berufenen Kennern des kolonialen Rechtes de lege 
lata und de lege ferenda auf das eingehendste erörtert, ich ver- 
weise insbesondere auf das 1901 in neuer Bearbeitung erschienene 
grundlegende Werk von Prof. von STENGEL, Die Rechtsverhältnisse 
der deutschen Schutzgebiete, und auf die jüngste Broschüre von 
Archiv für öffentliches Recht. XIX. 1. 3
	        
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