Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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8 38. 
Die Freiheitsberaubung wird mit Kettenhaft von sechs Mo- 
naten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn sie aus gewinnsüchtigen 
Motiven oder zu unzüchtigen Zwecken erfolgt oder der der 
Freiheit Beraubte dadurch Schaden an seiner Gesundheit oder 
seinem Leben erleidet. 
Unter Freiheit soll in diesen beiden Paragraphen nicht nur die Be- 
wegungs-, sondern auch die Handlungsfreiheit verstanden sein, also die Fälle 
des 8 240 RStGB mit getroffen werden. Die Freiheitsberaubung ist den 
Senegalnegern bekannt und wird dort dem Morde gleich bestraft. 
3. Verbrechen gegen die geschlechtliche Sittlichkeit und 
Familienrechte. 
8 39. 
Der Beischlaf zwischen nahen Verwandten wird mit Ge- 
fängnis mit Zwangsarbeit bis zu drei Jahren bestraft. 
Der Gouverneur bestimmt durch Lokalverordnung, welche 
Personen als verwandt ım Sinne des Abs. 1 zu erachten sind. 
Ueber die Strafbarkeit des Inzest herrschen bei den Eingeborenen 
durchaus verschiedene Ansichten. Während die Strafbarkeit im arabischen 
Rechte anerkannt ist (der Koran droht Steinigung an), herrscht beispiels- 
weise in den Marschallinseln volle Promiskuität. Es muss daher hier ein 
weiterer Spielraum für Lokalverordnungen bleiben. 
8 40. 
Der Ehebruch wird mit körperlicher Züchtigung oder Ge- 
fängnis mit Zwangsarbeit bis zu sechs Monaten bestraft. 
Durch Verordnung des Gouverneurs kann bestimmt werden, 
dass an Stelle der Freiheitsstrafe auf eine an den Verletzten zu 
leistende Busse erkannt wird. 
Die Verfolgung geschieht nur auf Antrag des verletzten 
Ehegatten. 
Der Ehebruch ist in eminentem Sinne Privatdelikt, es soll deshalb hier 
ausnahmsweise auf den Antrag nicht verzichtet werden. Die Scheidung der 
Ehe als Voraussetzung der Strafbarkeit aufzustellen, schien jedoch nicht 
erforderlich, Ehescheidung wegen Ehebruch wird bei den Eingeborenen selten 
vorkommen, und dennoch entspricht seine Bestrafung vielfach ihren Anschau-
	        
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