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gemeingültige ist, weist die Bezeichnung einzelner Organe des
Staats als gesetzgebender, richterlicher oder Verwaltungsbehörden
nur auf die grosse Richtung ihrer Tätigkeit hin. Sie sind nicht
ausschliesslich das, was sie heissen. Es ist eine Verwaltungs-
handlung, wenn die Volksvertretung, die „gesetzgebende Ver-
sammlung“, die Aufnahme einer Anleihe, den Bau einer Eisen-
bahn beschliesst. Anderseits üben Verwaltungsbehörden durch
den Erlass von Rechtsverordnungen gesetzgebende und als Ver-
waltungsgerichte eine umfangreiche richterliche Tätigkeit aus.
So sind auch die Gerichte nicht auf die Rechtsprechung be-
schränkt.
Die Militärstrafgerichtsbarkeit nun ist ihrem materiellen In-
halte nach in erster Linie Rechtsprechung. Um diesen wesent-
lichen Kern aber gruppiert sich eine grosse Anzahl von Tätig-
keiten, die lediglich verwaltender Natur sind, wie die Vornahme
von Beschlagnahmen, Durchsuchungen, Verhaftungen, die Bewir-
kung von Ladungen, die Durchführung der Vollstreckung etec.
Noch enger erscheint die Verbindung zwischen Rechtsprechung
und Verwaltung, wenn man auf die Behörden blickt, denen die
Militärstrafgewalt zusteht. Es sind die Gerichtsherren und die
erkennenden Gerichte ($ 12 MStGO). Die Gerichtsherren sind
stets Offiziere (88 19ff. MStGO), also reine Verwaltungs-
organe. In umfangreichem Masse üben sie persönlich oder durch
die von ihnen bestellten und ihren Weisungen Gehorsam schul-
digen Gerichtsoffiziere, Kriegs- und Oberkriegsgerichtsräte (88 97,
99, 102 MStGO) die Gerichtsbarkeit aus: Der Gerichtsherr ent-
scheidet über die Verhaftung des Beschuldigten (8 175); in seinem
Auftrage nimmt der Untersuchungsführer Ermittlungen jeder
Art einschliesslich richterlicher Untersuchungshandlungen vor
(88 156, 160); er befindet nach Abschluss des Ermittlungsver-
fahrens darüber, ob der Beschuldigte ausser Verfolgung zu setzen
oder ob gegen ihn einzuschreiten ist ($ 245); er verfügt die An-
klage ($ 250) und entscheidet, ob eine Disziplinarbestrafung nach