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übergehen. Er darf nicht im Einzelfalle ein Geschäft selbst
vornehmen, das zu der Kompetenz einer bestimmten Behörde
gehört. Denn wenn auch staatsrechtlich die Handlungen des
Beamten nur Betätigungen der monarchischen Gewalt sind, so
würde doch die Selbstvornahme einer solchen Handlung durch
den Monarchen eine Abweichung von dem durch das Gesetz
vorgeschriebenen Wege der Erledigung des staatlichen Geschäfts
enthalten und also gegen das Gesetz verstossen ?,
Auch die Gerichtsherren sind, da sie Offiziere sind und nur
als solchen ihnen gerichtsherrliche Gewalt eignet, Beamte. Auch
die gerichtsherrliche Gewalt ist daher von der königlichen Prä-
rogative umschlossen. Nach dem von vornherein selbstverständ-
lichen und allgemeingültigen, aus der Natur des Beamtenver-
hältnisses fliessenden Grundsatze existiert auch für sie die Pflicht
des Gehorsams gegenüber Anordnungen ihrer Vorgesetzten, in
letzter Linie des Königs. Zwar sind sie bei Ausübung ihrer
gerichtsherrlichen Gewalt nicht den besonderen militärischen Ge-
horsam schuldig, der innerhalb der militärischen Verhältnisse
durch die Kommandogewalt des Vorgesetzten bedingt wird. Denn
die Kommandogewalt hat über sie, sofern sie als Gerichtsherren
handeln, keine Macht. Sie sind den Gehorsam zu leisten ver-
pflichtet, den der Beamte gemeinhin seinen Vorgesetzten schuldet.
Hieraus ergibt sich allerdings ein zwiefaches Verhältnis des Ge-
richtsherrn zu seinem Vorgesetzten, in letzter Linie zum König.
Abgesehen von seiner gerichtsherrlichen Tätigkeit schuldet er
als Offizier den Befehlen der Vorgesetzten, insbesondere des
Königs, den unbedingten Gehorsam, der seine einzige Schranke
in dem Recht, die Vornahme von Verbrechen und Vergehen
zu verweigern, findet. Als Gerichtsherrn aber steht dem Offizier
32 Daher nimmt Lasann, Staatsrecht Bd. II S. 92 Anm. 2 zutreffend
an, dass, wenn der Reichskanzler zum Erlass einer Verordnung ermächtigt
ist, der Kaiser die Verordnung nicht selbst erlassen darf, wohl aber dem
Reichskanzler in dieser Hinsicht Anweisungen erteilen kann.
Archiv für öffentliches Recht. XIX. 4. 33