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richtshierren und Militärgerichte sind preussische Behörden, deren
Träger der König von Preussen ernennt‘. Sie stehen nur zu
ihm in einem Dienstverhältnis. Der deutsche Kaiser nimmt
daher als König von Preussen gegenüber den Gerichtsherren
aller deutschen Truppen mit Ausnahme der Kontingente der
drei nicht preussischen Königreiche dieselbe Stellung ein, wie
gegenüber den der preussischen Armee angehörenden Gerichts-
herren. Die oben dargelegten Grundsätze greifen daher hier
Platz.
Die bisherige Betrachtung ging aus von der Landmacht
des Deutschen Reichs im Friedensstande. Die Ergebnisse, die
auf dieser Grundlage gewonnen sind, bleiben, indem Bayern zu-
nächst ausser acht gelassen wird, auch bestehen, wenn wir den
Zustand des Krieges ins Auge fassen. Die Reichsverfassung
und die Militärkonventionen enthalten keine Bestimmung, welche
die Rechtsstellung des Kaisers und der Kontingentsherren im
Kriege besonders normiert. Nur tatsächlich ist das Bild ein
verschiedenes. Die Stellung der Kontingentsherren verliert an
Bedeutung; dagegen tritt nun die Kommandogewalt des Kaisers
in umfassendstem Masse hervor. Sie ergreift das Grösste wie
das Kleinste und bestimmt den Gang der Ereignisse. Rechtlich
aber hat der Kaiser — immer abgesehen von dem bayerischen
Kontingent — durch den Ausbruch des Krieges nichts gewonnen,
was ihm nicht schon im Frieden gehört hätte. Auch im Kriege
besteht das Heer aus einer Summe von Kontingenten; nicht der
Kaiser, sondern die Könige von Preussen, Bayern, Württemberg
und Sachsen ernennen nach wie vor die Offiziere ihrer Kon-
16. Sept. 1873 Art. 8; mit Braunschweig vom 9./18. März 1886 Art. 6
Abs. 3.
#7 Üinerheblich ist, dass nach den Militärkonventionen mit Hessen Art. 4
und mit beiden Mecklenburg Art. 9 die den Kontingenten dieser Staaten
angehörenden Offiziere neben den königlich preussischen Patenten auch noch
grossherzogliche Patente erhalten und die Bezeichnung „Grossherzoglich“
führen,