Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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worfen und stehen zu den Kontingentsherren' in keinen Rechts- 
beziehungen. 
Die Dienstgewalt des Kaisers und der Kontingentsherren 
über die oben genannten, zur Ausübung der Militärstrafgerichts- 
barkeit berufenen Personen ist im Vergleich zu ihrer Stellung 
gegenüber den Gerichtsherren durch den bereits oben (S. 491) 
erwähnten $ 18 Abs. 1 MStGO ausserordentlich eingeschränkt. 
8 18 Abs. 1 lautet: „Die erkennenden Gerichte sind unabhängig 
und nur dem Gesetze unterworfen.“ Durch diese Vorschrift ist 
der vorgesetzten Behörde des Richters, insbesondere dem Kaiser 
und den Kontingentsherren, jede Einwirkung auf den materiellen 
Inhalt der Entscheidungen entzogen. Der erkennende Richter 
soll nach eigener freier Entschliessung das Gesetz anwenden. 
Er darf sich nicht bei seinen Vorgesetzten Instruktionen wegen 
seines Verhaltens einholen. Jede Anweisung des Vorgesetzten, 
in bestimmter Weise zu erkennen, wäre ein unzulässiger Ein- 
griff in die Rechtspflege und als solcher nach $& 119 MStGB 
strafbar. 
Sofern dagegen das Gesetz selbst dem Kaiser oder den 
Kontingentsherren die Befugnis gewährt, auf das Verfahren ein- 
zuwirken, fällt selbstverständlich die in & 18 ausgesprochene 
Unabhängigkeit der erkennenden Richter fort; vielmehr sind sie 
in diesem Falle verpflichtet, den von dem Kaiser oder den Kon- 
tingentsherren im Rahmen ihrer Befugnisse erlassenen Anord- 
nungen Folge zu leisten °®, 
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5? In der jüngsten Zeit ist diese Frage praktisch geworden. $& 283 
spricht dem Kaiser die Befugnis zu, anzuordnen, unter welchen Voraus- 
setzungen das Gericht wegen Gefährdung der Disziplin die Oeffentlichkeit 
auszuschliessen hat. Es ist darauf eine kaiserliche Verordnung ergangen, 
welche die für den Ausschluss der Oeffentlichkeit massgebenden Grundsätze 
enthält. Einer Zeitungsnachricht zufolge soll nın aus Anlass eines bestimm- 
ten Falles der Kaiser in einer Ordre den Mitgliedern eines Kriegsgerichts 
sein Missfallen darüber ausgesprochen haben, dass sie entgegen seiner Verord- 
nung in dem betreffenden Falle die Oeffentlichkeit nicht ausgeschlossen 
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