520
gerichts Gehorsam schuldig. Dem König von Bayern steht über
sie eine Dienstgewalt nicht zu. In welcher Weise sollte er auch
einen rechtlichen Einfluss ausüben? Soweit die Mitglieder des
bayerischen Senats als erkennende Richter fungieren, sind sie
nach $ 18 MStGO unabhängig. Es bliebe also der bayerische
Militäranwalt.e. Da aber nach 8 4 des Gesetzes vom 9. März
1899 mangels abweichender Bestimmungen die Vorschriften der
Militärstrafgerichtsordnung Platz greifen, so ist auch er dem
Obermilitäranwalt unterstellt und seinen Weisungen Gehorsam
zu leisten schuldig. Der Obermilitäranwalt untersteht aber wieder
dem Präsidenten des Reichsmilitärgerichts und dieser dem Kaiser.
Der König von Bayern ist rechtlich bei Beobachtung des durch
die Formation der Behörde vorgeschriebenen Geschäftsganges
gar nicht in der Lage, das Verhalten des Militäranwalts durch
Befehle zu bestimmen. Dagegen vermag er sehr wohl einen tat-
sächlichen Einfluss auszuüben, indem er die Mitglieder des baye-
rischen Senats wie zu ernennen, so auch — natürlich innerhalb
der durch das Gesetz gezogenen Schranken — zu entlassen hat.
Noch weitergehender und eine gewisse Abweichung von dem
oben festgestellten Prinzipe ist, dass die Mitglieder des bayerischen
Senats einer besonderen bayerischen Disziplinarbehörde, dem „Dis-
ziplinarhof für richterliche Militärjustizbeamte“, unterstellt sind
(vgl. $ 38 RG betr. die Dienstvergehen der richterlichen Militär-
justizbeamten; Art. I des bayerischen Ausführungsgesetzes zu
den Reichsmilitärjustizgesetzen vom 11. Juli 1900).
Es ist im vorstehenden die Stellung des Kaisers und der
Kontingentsherren nach Militärstrafprozessrecht von allgemeinen
staatsrechtlichen Gesichtspunkten aus untersucht worden, wobei
den Bestimmungen der Militärstrafgerichtsordnung nur eine neben-
sächliche Beachtung zu teil geworden ist. Die Militärstraf-
gerichtsordnung weist aber auch ausdrücklich in einer Reihe po-
sitiver Vorschriften dem Kaiser und den Kontingentsherren eine
Anzahl von Rechten und Pflichten auf dem Gebiet des Militär-