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zwischen diesen Organen in der Weise, dass für Strafsachen, in
welchen auf Gefängnis bis zu drei Monaten, Prügelstrafe oder
Geldstrafe bis zu 500 L. erkannt wird, der Verwaltungsbeamte,
für alle schweren Fälle der ordentliche Richter zuständig ist.
Das Verfahren ist fast durchweg ein öffentliches und münd-
liches. Für Neuguinea und die Marschallinseln wird dies durch
8 32 der respektiven Verordnungen ausdrücklich angeordnet, jedoch
findet auch in den andern Schutzgebieten in der Praxis stets
eine Öffentliche Verhandlung statt, in Ostafrika, einem alten Brauch
folgend, sogar soweit irgend möglich, in öffentlicher Volksver-
sammlung, dem sog. Schauri.
Ueber die Verhandlungen muss ein Protokoll aufgenommen
und das Urteil schriftlich abgefasst werden; die Zuziehung eines
Gerichtschreibers ist für Neuguinea und die Marschallinseln
obligatorisch, findet jedoch auch in den übrigen Schutzgebieten,
soweit tunlich, statt. Schriftliche Niederlegung der Urteilsgründe
ist in Strafsachen nirgends vorgeschrieben !?.
Eine der wertvollsten Garantien einer möglichst gerechten
Rechtsprechung über die Eingeborenen besteht in der Zuziehung
farbiger Beisitzer zu den Verhandlungen!®, Die Verfügung vom
22. April 1896 bestimmt deshalb in $ 13:
12 Die einzige Ausnahme gilt für das summarische Verfahren des 8 15
der Verfügung vom 22. April 1896.
13 In einem Bericht des Herrn Köhrer an die Kolonialabteilung d.d.
Sebbe 22. Febr. 1896 heisst es: „In allen Angelegenheiten . . . von einiger
Wichtigkeit nehmen die Häuptlinge als Beisitzer an den Verhandlungen teil.
Darin liegt... .. die sicherste Gewähr, dass den Rechtsgewohnheiten und
Rechtsanschauungen der Eingeborenen bei der Urteilsfindung in weitestem
Masse Rechnung getragen wird. Gerade dieser Punkt ist von so eminenter
Bedeutung bei dem gerichtlichen Verkehr mit der Negerbevölkerung, dass
nicht genug Gewicht darauf gelegt werden kann. Der Umstand nun, dass
diese Eigentümlichkeiten dahier volle Berücksichtigung finden, und dass bei
der Behandlung des einzelnen Falles mit strengster Sorgfalt und Objektivität
zu Werke gegangen wird, ist der Grund, dass die Eingeborenen unbedingtes
Vertrauen zur deutschen Rechtsprechung gefasst haben.“