Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

43 — 
Zu den Strafverhandlungen soll der Wali (Jumbe, Dorf- 
ältester) hinzugezogen werden. Bei schwereren Verbrechen 
hat der Bezirksamtmann mehrere angesehene Eingeborene zu- 
zuziehen, 
Obwohl diese eingeborenen Beisitzer Stimmrecht nicht haben, 
kommt ihnen doch, wie mir ein vortrefilicher Kenner der ost- 
afrikanischen Verhältnisse versicherte, dort ganz bedeutender Ein- 
fluss auf die Entscheidung, insbesondere auf das Strafausmass 
zu. Wir haben es hier auch durchaus nicht mit einer Neuein- 
führung zu tun, im Gegenteil war in sämtlichen afrikanischen 
Schutzgebieten (in Ostafrika allerdings nur bis zur Uebernahme 
der Landeshoheit durch das Reich) bis zum Erlass der Reichs- 
kanzlerverfügung sogar die ganze Strafgerichtsbarkeit den ein- 
geborenen Häuptlingen unter Aufsicht der europäischen Behörden 
überlassen, nur auf Beschwerde griff der Gouverneur ein, und 
zur Vollziehung der Todesstrafe wurde seine Bestätigung er- 
fordert. In Südwestafrika liegt, soweit die Bastardstämme in 
Frage kommen, noch heute die gesamte Eingeborenenjurisdiktion 
ın den Händen der Kapitäne. Das gleiche ist in Togo der 
Fall. Nur in Kamerun werden in denjenigen Bezirken, in 
welchen Eingeborenenschiedsgerichte nicht zur Einführung ge- 
kommen sind (es sind dies besonders die weiter im Innern ge- 
legenen Stationen), farbige Beisitzer mangels hierzu geeigneter 
Personen nicht herangezogen. Für Kiautschou gibt $ 4 der Ver- 
ordnung vom 15. April 1899 die Möglichkeit, „zur Erforschung 
der chinesischen Rechtsanschauung“ die Dorfältesten zu hören, 
zu direkter Beteiligung an der Rechtspflege sollen die Chinesen 
wegen ihrer grossen Bestechlichkeit durchaus ungeeignet sein !?, 
Die Strafverordnungen für Neuguinea und die Marschallinseln 
sehen farbige Beisitzer nicht vor, hier entscheidet in Straf- 
sachen, in welchen auf Gefängnisstrafe über sechs Monate erkannt 
  
1“ Vgl. KöBneEr, Die Organisation der Rechtspflege in den Kolonien S. 35.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.