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Zu den Strafverhandlungen soll der Wali (Jumbe, Dorf-
ältester) hinzugezogen werden. Bei schwereren Verbrechen
hat der Bezirksamtmann mehrere angesehene Eingeborene zu-
zuziehen,
Obwohl diese eingeborenen Beisitzer Stimmrecht nicht haben,
kommt ihnen doch, wie mir ein vortrefilicher Kenner der ost-
afrikanischen Verhältnisse versicherte, dort ganz bedeutender Ein-
fluss auf die Entscheidung, insbesondere auf das Strafausmass
zu. Wir haben es hier auch durchaus nicht mit einer Neuein-
führung zu tun, im Gegenteil war in sämtlichen afrikanischen
Schutzgebieten (in Ostafrika allerdings nur bis zur Uebernahme
der Landeshoheit durch das Reich) bis zum Erlass der Reichs-
kanzlerverfügung sogar die ganze Strafgerichtsbarkeit den ein-
geborenen Häuptlingen unter Aufsicht der europäischen Behörden
überlassen, nur auf Beschwerde griff der Gouverneur ein, und
zur Vollziehung der Todesstrafe wurde seine Bestätigung er-
fordert. In Südwestafrika liegt, soweit die Bastardstämme in
Frage kommen, noch heute die gesamte Eingeborenenjurisdiktion
ın den Händen der Kapitäne. Das gleiche ist in Togo der
Fall. Nur in Kamerun werden in denjenigen Bezirken, in
welchen Eingeborenenschiedsgerichte nicht zur Einführung ge-
kommen sind (es sind dies besonders die weiter im Innern ge-
legenen Stationen), farbige Beisitzer mangels hierzu geeigneter
Personen nicht herangezogen. Für Kiautschou gibt $ 4 der Ver-
ordnung vom 15. April 1899 die Möglichkeit, „zur Erforschung
der chinesischen Rechtsanschauung“ die Dorfältesten zu hören,
zu direkter Beteiligung an der Rechtspflege sollen die Chinesen
wegen ihrer grossen Bestechlichkeit durchaus ungeeignet sein !?,
Die Strafverordnungen für Neuguinea und die Marschallinseln
sehen farbige Beisitzer nicht vor, hier entscheidet in Straf-
sachen, in welchen auf Gefängnisstrafe über sechs Monate erkannt
1“ Vgl. KöBneEr, Die Organisation der Rechtspflege in den Kolonien S. 35.