Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunzehnter Band. (19)

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Das Verwaltungsgericht hat nach der schon erwähnten Begriffsbestim- 
mung „die vom öffentlichen Recht verliehenen subjektiven Rechte zu schützen“ 
(S. 13). Nun kommt 8.97 das wichtige Rechtsinstitut der Rechtsbeschwerde 
(Anfechtungsklage) gemäss Art. 13 des Gesetzes über die Verwaltungsrechts- 
pflege. Sie setzt voraus eine Rechtsverletzung. „Verletzt muss also sein ein 
wirkliches Recht im Gegensatz zu blossen Interessen, ein subjektives Recht, 
ein Individualrecht, im Gegensatz zu objektiven Rechtssätzen; im übrigen 
kann das verletzte Recht ein öffentliches Recht oder ein Privatrecht sein“ 
(S. 98). Insbesondere wird auf solche Art das Eigentum geschützt, z.B. in 
dem Falle, dass der Eigentümer „von der Baupolizeibehörde in Widerspruch 
mit der Bauordnung am Bauen verhindert wird“. — Das stimmt offenbar nicht 
zu jener Begrifisbestimmung. Das Eigentum ist doch kein „vom öffentlichen 
Rechte verliehenes subjektives Recht“, sondern ein „vom Privatrecht an- 
erkanntes subjektives Recht“. Also wäre dem „allgemeinen Begriffe“ gemäss 
(S. 13) vielmehr Ziviljustiz am Platze, wenn es geschützt werden soll. 
Es kommt aber noch schlimmer. S. 170 ist die Rede von den sog. 
Grundrechten oder Freiheitsrechten. Verf. neigt eher der Meinung zu, dass 
das keine eigentlichen Rechte sind. Der Schutz des Art. 13 kommt ihnen 
gleichwohl zu gute. Denn dieser gewährt die Rechtsbeschwerde ausdrücklich 
nicht bloss dem, der „in einem ihm zustehenden Recht verletzt“, sondern 
auch dem, der „mit einer ihm nicht obliegenden Verbindlichkeit belastet 
worden“ ist (S. 171). Jawohl, das ist richtig; aber die Begriffsbestimmungen 
der Verwaltungsgerichtsbarkeit S. 13, der Rechtsbeschwerde 8. 98, die passen 
jetzt alle beide nicht mehr. Darum darf es der Verf. auch so ruhig dahin 
gestellt sein lassen, ob wirklich ein zu schützendes subjektives Recht vor- 
liegt oder nicht; die Rechtsbeschwerde kann auch ohne das begründet sein. 
Ein Beispiel gibt insbesondere noch die Gewerbepolizei, vgl. S. 196 und S. 216. 
Folgerichtig musste Verf. ein Recht Baumwolle zu spinnen, ein Recht nichts 
zu zahlen usw. behaupten. Er hat wohl daran getan, darauf zu verzichten. 
Wozu aber dann der allgemeine Begriff? 
Ich muss ausdrücklich hervorheben, dass der Wert der Untersuchungen 
des Verf. durch diese Dinge nicht beeinträchtigt wird. Es ist äusserlich 
angeklebtes Beiwerk, ein Kompliment, das der Praktiker der Theorie 
machen zu sollen glaubt, mit dem es aber, wie wir sehen, gar nicht so 
erustlich gemeint ist. 
Bezüglich der Scheidung von bürgerlichem und öffentlichem Rechte 
bei Beurteilung vermögensrechtlicher Ansprüche entwickelt der Verf. von 
vornherein sehr klare und feste Grundsätze (S. 12). Nicht einverstanden bin 
ich mit seiner Bewertung des Umstandes, dass die Zivilgerichte zuständig 
sind. Das ist meines Erachtens in weitem Masse in Deutschland der Fall 
auch für Ööffentlichrechtliche Ansprüche. In Württemberg verhältnismässig 
weniger. Aber die Folgerung, dass das Verhältnis der Post- und Telegraplıen- 
verwaltung zum Publikum ein zivilrechtliches sei, weil die Zivilgerichte zu- 
Archiv fur öffentliches Recht. XIX. 4. 39
	        
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