597
militärischen Befehlshabern zustehenden obrigkeitlichen Gewalt aus“. Die
bekannte Formel: man statuiert eine praktisch unmögliche zivilrechtliche
Rechtsordnung in der Hoffnung, sie werde doch nicht durchgeführt werden
können, weil die Verwaltung vernünftig genug sein wird, sich das nicht ge-
fallen zu lassen. Der Verf. ist ein viel zu hervorragender Jurist, als dass es
mir nicht weh tun sollte, ihn in dieser Gesellschaft zu sehen.
Leipzig. Otto Mayer.
Gaston Jeze, Professeur agrege de droit public & la faculte de droit de
Vuniversit& de Lille, Les principes generaux du droit ad-
ministratif. Paris et Nancy, Berger Levrault & Cie., 1804. 1678.
Grundzüge des französischen Verwaltungsrechts — der Name klingt
vielleicht manchem etwas verdächtig. Kennen wir doch so manches Werk-
chen, welches sich betiteln könnte: Ein bischen allerhand vom deutschen
Verwaltungsrecht, oder ähnlich, Hier ist aber in der Tat etwas anderes
uns vorgelegt und etwas sehr Ernsthaftes. Das Buch will nur die all-
gemeinsten Grundbegriffe des französischen Verwaltungsrechtes geben, diese
aber gründlich und tief erfasst. Zweierlei tritt uns hier vor allem ent-
gegen. Das französische Verwaltungsrecht steht noch immer auf den Grundlagen,
welche es in der Zeit der Revolution und des ersten Kaiserreichs bekommen
hat. Man konnte wohl den Eindruck einer gewissen Stabilität haben. Verf.
hat es sich zur Aufgabe gemacht, gerade die Fortschritte und Wandlungen
hervorzuheben, die seitdem stattgefunden haben. Man wird anerkennen
müssen, dass hier wirklich viel mehr Leben und Bewegung ist, als man bei
uns gemeiniglich annimmt. Es ist ganz anders wie mit dem französischen
Zivilrecht. Die Grundbegriffe selbst sind in einer gewissen Fortentwicklung
gewesen seitdem. Die Beobachtungen, welche Verf. in dieser Hinsicht er-
öffnet, sind sehr anziehend.
Sehr merkwürdig ist anderseits, was uns hier berichtet wird über den
Umschwung, der in Frankreich eingetreten ist bezüglich der wissenschaft-
lichen Behandlung des Verwaltungsrechtes. Man habe sich lange darauf
beschränkt, heisst es „de colliger des textes sans chercher les idees mai-
tresses“ und das sei „entsetzlich lanpgweilig* gewesen — tout comme chez
nous, möchten wir hinzufügen. Jetzt sei man aus der „Periode des Chaos“
heraus und suche das wissenschaftliche System.
Dabei erhält die deutsche Wissenschaft zunächst ein entschiedenes Lob,
indem ihr zuerkannt wird, dass sie in der Arbeit der „Synthese“ voraus-
gegangen sei. Allein gar bald zeigt es sich, dass die „legistes d’outre Rhin“
doch mit Vorsicht zu behandeln sind. Denn bei ihnen, meint der Verf.
(S. 8), im Gegensatz zu den auf Klarheit und Wirklichkeit erpichten fran-
zösischen Juristen, läuft alles auf Metaphysik hinaus und auf Konstruktion