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Ihre Ergebnisse haben bereits dem Institut de Droit Int. zur Beratung vor-
gelegen.
Mit bekannter Sachkunde und Gründlichkeit geht FAucHILLE, nach sorg-
fältiger Absteckung der internationalrechtlichen Grundlagen, bis zu den fein-
sten Einzelfragen des Luftschiffahrtsverkehrs vor. Dabei prüft er sorgsam
die praktische Durchführbarkeit der gefundenen Rechtssätze, was ihn not-
wendig zur Eingehung auf den jetzigen Stand der Luftschiffahrtstechnik und
ihre Zukunftsaussichten führt. Vielleicht erscheint es allzu optimistisch, wenn
Luftballonbahnhöfe, Luftschiffahrtsflotten, Luftkriegs- und -polizeischiffe vor-
ausgesehen werden. Indessen auf Zukunftsträume ist die rechtliche Be-
trachtung nicht abgestellt, sie behält überall das gegenwärtig Erreichbare
im Auge.
Die Schrift beginnt notwendig mit einer rechtlichen Betrachtung des
Luftraums. Der Verf. hält ibn an sich für unfähig, Objekt von Eigentum
oder Souveränitätsrechten zu sein, er stellt vielmehr als Leitsatz auf „lair
est libre*. Die Konstruktion eines Luftterritoriums (territoire a6rien), etwa
nach dem Satze: „terrae dominium finitur ubi finitur armorum vis“, — eine
z. B. von BrLuntschaLi ($ 632a) vertretene Auffassung — versagt nach Ansicht
des Verf. deshalb, weil nur das tatsächliche Vorhandensein von Kanonen die
Souveränitätserstreckung begründen könne, eine enge schachbrettförmige Auf-
stellung von Kanonen auf dem Staatsgebiet aber praktisch nicht in Betracht
komme. Sollte aber nicht, vom Standpunkt der genannten Theorie, die
blosse Möglichkeit der Beherrschung durch Kanonen genügen? Meines
Erachtens ist die Analogie des Küstenmeeres für die das Staatsgebiet bis
zu einer gewissen Höhe bedeckende horizontale Luftschicht nicht zu um-
gehen. Der Verf. vermeidet auffallenderweise in diesem Zusammenhang jede
Heranziehung des Rechtes des Küstenmeers. Später findet er jedoch Ge-
legenheit, auf dieses einzugehen, und er spricht, meines Erachtens mit Recht,
doch im Gegensatz zur herrschenden Meinung, dem Uferstaat am Küsten-
meer kein Souveränitätsrecht, sondern nur die für die Sicherheit und den
Schutz des Landgebiets notwendigen Rechte zu. Bei dieser rechtlichen Auf-
fassung vom Küstenmeer hätte die Analogie desselben den Verf. zu dem gleichen
Resultat geführt, zu dem er auf anderem Wege gelangt, nämlich zu dem
zweiten Kernsatz seiner Lehre: Die Freiheit des Luftraums ist in
einer gewissen horizontalen Schicht beschränkt durch die
Rechte, welche für die Selbsterhaltung des Uferstaats erforder-
lich sind.
Das Grundrecht der Staaten auf Selbsterhaltung führt den Verf. zur
Anerkennung einer horizontalen Schutzzone, die den Üferstaat gegen
Spionage, Schmuggel und Einschleppung von Epidemien schützen soll. Die
Spionage ist die grösste Gefahr, die von transitierenden Luftschiffen droht,
daher bemisst der Verf. nach ihr die Höhe der Schutzzone. Er setzt sie
auf 1500 m von der jeweiligen Erdoberfläche fest, da in grösserer Höhe die